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Ja das is jetzt mein erster versuch, mal sehen, was ihr davon haltet![](http://img.homepagemodules.de/grin.gif)
"Anyone But Me"
Die schlanke Leiterin des Castings, die ihre dünnen Haare wohl prinzipiell streng zurück trug, sah mich herablassend an. “Was können Sie denn?”, fragte sie spitz. Sie war elegant angezogen und sehr hübsch. Trotzdem hatte sie eine definitiv zu hohe Stimme. Glockenhell. Es war bereits mein drittes Casting an diesem Wochenende. Die anderen Agenturen hatten mich leider mit der Begründung, dass ich einfach nicht in das Format passen würde, abgelehnt. Ich setzte mein strahlendstes Lächeln auf. “Schauspielerin natürlich”, antwortete ich so munter wie möglich. Begeisterung vorzutäuschen, stellte nach zwei kläglichen Absagen eine wahre Herausforderung für mich dar. Die junge Leiterin schenkte mir einen resignierten Blick. “In Ordnung. Sie kennen ja die Szene, nehme ich an.” Und wie ich sie kannte! Ich hatte geschlagene zwei Stunden in diesem stickigen Raum mit mindestens hundert anderen Bewerbern gesessen. Außerdem hatte ich in dieser Zeit den anderen angeblich begabten Teilnehmern des Castings beim Proben zugesehen und auf meinen Auftritt gewartet. Ich hatte beschlossen, endlich mein eigenes Ding durchzuziehen, mich von allen anderen Dingen aus meinem alten Leben loszureißen. Weder meine Familie, noch meine Freunde sollten mich mehr beeinflussen. Nun war es an der Zeit, meinen eigenen Traum zu leben. Ich wollte unabhängig sein. Vor allem von einer bestimmten Person. Nun war meine Chance endlich da. Ich nickte und ging auf meine Position, das hieß, ich setzte mich in einen himmelblauen Sessel, schlug die Beine übereinander und sah die Castingleiterin fragend an. Ich wartete auf ihr Zeichen zum Start. Sie widmete mir einen gnädigen, jedoch gelangweilten Blick. “Gut. Die Kamera läuft ab... jetzt!” Sie betätigte die Kamera, die auf den Sessel gerichtet war. Ich lächelte breit und begann, meine Rolle zu spielen. “Schön, dass ihr wieder eingeschaltet habt. Ihr fragt euch bestimmt, warum ich hier sitze, aber -” “Stop, aus!”, fuhr die Castingleiterin dazwischen und begann wie ein aufgescheuchtes Huhn mit der Liste in ihrer Hand durch die Luft zu fuchteln. “Sie wissen schon, dass es hier um eine Verfilmung geht, in der unsere Hauptfigur aus ihrem eigenen Leben erzählt?”, erkundigte sie sich forsch. Ich hob die Augenbrauen. “Ja”, bestätigte ich folgsam. Der Gesichtsausdruck meines Gegenübers wurde immer finsterer. “Die Produktion dieser Serie beginnt in einem Monat und wir suchen eine begabte Hauptdarstellerin”, erklärte sie grimmig. “Dies ist die erste Szene. Damit wird die gesamte Serie eingeleitet.” Ich nickte verwundert. “Ja, das weiß ich doch.” “Wenn Sie das wissen, müssten Ihnen auch bewusst sein, dass die Einstellung authentisch wirken muss!”, blaffte sie mich vor all den anderen Bewerbern an. “Das war ja wohl realistisch”, protestierte ich genervt sowie gleichzeitig peinlich berührt und sackte in dem Sessel zusammen. Ich hatte bestimmt nicht zwei Stunden gewartet, um mich von der fertig machen zu lassen. Die Leiterin räusperte sich behaglich. “Aha, wenn Sie meinen. Wir machen alles noch einmal. Und dieses Mal schlagen Sie ihre Beine bitte nicht übereinander.” Auf ihren rot angemalten Lippen zeichnete sich ein registriertes Lächeln ab. “Ihre letzte Chance”, betonte sie nachdrücklich. Ich biss mir für eine Sekunde auf die Unterlippe, um nicht etwas nicht Angebrachtes zu erwidern. Diese Frau stresste, ganz klar. Trotzdem musste ich jetzt wohl oder übel mit ihr Vorlieb nehmen. “Oh, habe ich Sie schon nach Ihrem Namen gefragt?”, fiel der Castingleiterin plötzlich ein. Dass sie mich nicht danach gefragt hatte, war mir schon aufgefallen. Was für ein Wunder, dass sie es überhaupt merkte! “Nein”, entgegnete ich höflich. Sie warf daraufhin einen Blick auf die Liste in ihrer Hand. “Sie sind dann wohl Sadie Harrison?”, wollte sie im herablassenden Ton wissen. “Genau.” Ich brachte mich wieder in eine aufrechte Haltung. Die Castingleiterin drückte ein zweites Mal auf den Aufnahmeknopf der Kamera. “Cam läuft!” Wieder erschien mein schönstes Lächeln auf meinem Gesicht und ich begann, meinen Text deutlich in die Kamera zu sprechen: “Schön, dass ihr wieder -” “Halt!” Wieder unterbrach sie mich barsch. “Tut mir Leid, Sie sind dafür einfach nicht geeignet. Ihre Miene ist zu unrealistisch für dieses Serienformat”, urteilte sie garantiert unfachmännisch. Ich erhob mich. “Wenn Sie meinen”, sagte ich trocken. “Dieser Text ist sowieso das Unrealistischste, was ich je gehört hab. Wer will sowas schon sehen?” Die Frau sah mich bedeutungslos an. “Wissen Sie, warum ich nicht nach Ihrem Namen gefragt habe?” “Wieso denn nicht?”, fragte ich zurück. Meine Nervosität vor diesem Casting hatte sich dank der zickigen Leiterin schnell in Wut verwandelt. Diese blickte mich an, als wäre ich eine Erstklässlerin, der sie versuchte, das Alphabet zu erklären. Kurz: Als hätte ich rein gar nichts verstanden. “Ich frage nur Personen nach ihrem Namen, von denen ich überzeugt bin, dass sie Talent haben”, erwiderte sie tonlos. Ich schluckte. “Das ist Ihre Meinung. Ich vertrete sie allerdings nicht”, stellte ich professionell klar. Die Castingleiterin drückte ihre Liste fest an sich. “So, so? Andere werden meine Ansicht teilen. Sie sehen zwar gut aus, sind jedoch völlig talentfrei was das Schauspielerische betrifft. Versuchen Sie’s doch mal als Model, da müssen sie keinen Text sprechen. Ich mach das auch nebenbei”, riet sie mir ernsthaft. Mit diesen Worten angelte sie einen Kugelschreiber aus ihrer Tasche und strich meinen Namen gleich zwei Mal energisch darauf durch. “Kann mir gar nicht vorstellen, dass Sie modeln”, sagte ich bissig. Ich presste meine Lippen aufeinander. Ich musste mich echt zusammen reißen, um keinen weiteren Kommentar zu ihrem unhöflichen Verhalten abzugeben. Ich drehte ihr den Rücken zu und spazierte davon. Doch plötzlich rief mir die Castingleiterin nach: “Warten Sie! Warten Sie, bitte!” Ich wandte mich um und sah, wie sie mir hinterher eilte. Ich bemühte mich, sie möglichst uninteressiert anzusehen. “Was ist denn noch?”, raunzte ich sie an. Sie klemmte sich verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr. “Ich habe es eben erst erkannt.” Ein scheues Lächelten machte sich auf ihren roten Lippen bemerkbar. Ich guckte sie verdattert an. Was war denn jetzt passiert? Gehirnwäsche innerhalb weniger Sekunden? “Was haben Sie erkannt?” “Sie sind ja Sadie Harrison, nicht wahr?” Ich zuckte mit den Achseln. “Das haben Sie richtig festgestellt.” Die Castingleiterin strahlte mich an. “Jetzt weiß ich auch, vorher ich Ihren Namen kenne!”, freute sie sich hysterisch. “Sie sind doch die Schwester von der Sängerin Jude Harrison, hab ich Recht?” Jude. Sie war die Person, von der ich unbedingt unabhängig sein wollte. Denn entweder wurde ich als “die ältere Schwester der berühmten Harrison” abgestempelt oder gleich verbal als Kontaktaufnahme zu ihr missbraucht. Ich hoffte, die Castingleiterin war nicht das, was ich glaubte, dass sie es war. “Ich bin ein totaler Fan ihrer Musik!”, teilte sie mir aber nur eine Sekunde später mit dramatischen Unterton in der Stimme mit. Genau das war der Spruch, den ich nicht hören wollte. Diese Frau war also auch ein Anhänger von Jude. Genial. “Oh, wie schön”, seufzte auf theatralisch. Sie schenkte mir ein aufheiterndes Lächeln. “Entschuldigen Sie meine harsche Kritik, Miss Harrison. Aber Sie können mir doch eventuell ein Autogramm Ihrer Schwester besorgen?” Oh nein, das würde ich sicher nicht tun. Doch bevor ich etwas sagen konnte, drückte sie mir ungefragt ihre Karte in die Hand und meinte wie selbstverständlich: “Ich muss jetzt zurück. Rufen Sie mich doch an, wenn sie die Unterschrift haben!” Konnte das sein? Die Castingfrau, die mich gerade noch zur Schnecke gemacht hatte, entpuppte sich als spätpubertierender Fan meiner jüngeren Schwester. Dabei wollte ich doch nur meinen eigenen Weg gehen – und das, ohne andauernd an Jude erinnert zu werden.
Nur eine Stunde später fand ich mich im Café wieder, in dem ich mit meiner Mutter Victoria verabredet war. Ich nippte gerade an meinem Cappuccino, als sie hereinstürmte. “Sadie, hallo!”, flötete sie gut gelaunt und ließ sich auf den mir gegenüberliegenden Stuhl plumpsen. Erst seit Kurzem war sie mit ihrem Scheidungsanwalt, Don, verheiratet und war erst mit ihm nach Rom durchgebrannt, was die ganze Familie echt aus der Bahn geworfen hatte. Doch ihre verantwortungsvolle Seite war wieder durchgekommen und Mom war kurzer Hand zurückgekehrt. Leider hatte sie ihren frisch angetrauten Ehemann nicht in Italien allein zurückgelassen. Sie legte ihre Stirn angestrengt in Falten. “Wenn ich dich so ansehe, schätze ich, dass du leider keine Rolle bekommen hast?”, mutmaßte sie. “Richtig.” Ich stellte die Tasse zurück auf den Tisch. “Wär ja auch zu schön gewesen, wenn ich mal ein Angebot bekommen hätte.” Meine Mutter schaute mich mitfühlend an. “Das wird schon wieder. Du wirst schon sehen. Irgendwann erkennt jemand dein Talent. Und dann wird es steil bergauf gehen!”, prophezeite sie überschwänglich. Sie war überzeugter von meinem Schauspieltalent als ich selbst. Seit ihrer Eheschließung mit Don war sie praktisch zu einem überirdischen Wesen motiert, das ständig gute Laune verbreiten wollte. Sozusagen war sie nur noch eine Teilzeitmutter, da Jude und ich ja mittlerweile nach ihrer Meinung “erwachsen genug” waren, um unserer Leben selbst in die Hand zu nehmen. Und obwohl Jude jünger als ich war, hatte sie das bereits mit ihrer Musikkarriere geschafft. Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. “Sicher.” Mom presste schlagartig die Luft aus ihren Lungen. “Glaub mir, Sadie, deine Zukunft wird großartig. Eventuell genauso wie meine”, appellierte sie an mich. “Ja, vielleicht”, wog ich ab. Aber meine futuristischen Vorstellungen sahen bestimmt nicht vor, vorläufig einen Anwalt in Rom zu heiraten und dann zu meinen zwei Töchtern zurückzukehren und so zu tun, als wäre rein gar nichts gewesen. Mom trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch. “Weißt du schon das Neueste? Jude arbeitet schon an ihrem dritten Album. Es soll im Frühjahr erscheinen”, informierte sie mich. “Ich bin ja so stolz auf sie.” Wunderbar. Absolut wunderbar. Mein Leben entsprach momentan ja nicht gerade meinen eigenen Vorstellungen, aber das bedeutete ja nicht, dass sich das nicht ändern konnte.
Ich war froh, als ich endlich bei G Major angekommen war, um meinen Freund, Darius Miller, abzuholen. Ihm gehörte seit Neuestem die Plattenfirma, bei der auch meine Schwester unter Vertrag war. Viele hatten Vorurteile gegen unsere Beziehung. Er sei zu alt, ich zu jung – und zu blond. Obwohl letzteres ja wohl keine Begründung war! Die meisten sahen in Darius einfach nur den eiskalten Kritiker und Labelchef, aber er war eben Geschäftsmann und sonst ein sehr netter Kerl. Da ich ihn in seinem Büro nicht finden konnte, versuchte ich es im Studio Eins. Schon von Weitem hörte ich eine mir bekannte Stimme. Jude sang wohl einen neuen Song ein. Ja, ihre Karriere lief ja auch... im Gegensatz zu meinem beruflichen Werdegang hatte sie bereits zwei Alben auf den Markt gebracht. Ich schob mich durch die Tür ins Studio und sah als Erstes Tom Quincy von der Seite, der an den Reglern stand und angestrengt auf sein Pult starrte. Er war ganz in seinem Element. Tommy war Judes Producer und mittlerweile auch mehr. Am Anfang hatte ich an ihrer “Romanze”, wie ich ihre Verbindung öfters abschätzig bezeichnete, ziemlich zu knabbern. Denn vorher war Tommy wohl “versehentlich” mit mir zusammen gewesen. Wir hatten eine schöne Zeit, die ich nicht missen wollte, aber andererseits gab es in unserer Beziehung viele kleine Sachen, die mich immer sehr gestört hatten. Er ließ immer alles Stehen und Liegen – wegen Jude. Er versetzte mich – wegen Jude. Er vergaß, mich anrufen – wegen Jude. Dann erklärten wir vor drei Monaten das Aus unseres kurzzeitigen Glücks und kurz darauf kam Jude freudestrahlend mit der Nachricht angehüpft, dass Tommy und sie ein Paar wären. Dass mein Herz dabei völlig gebrochen war, interessierte mal wieder keinen. Warum auch? Die Familie hat ja seit zwei Jahren nur noch ein Thema: Jude, den begabten, immer netten, tollen Star. Noch ein Grund mehr, um mich endlich abzunabeln und meinen eigenen Weg zu gehen. Der Trubel um Jude wird immer mehr, seitdem sie diese Castingshow, “Instant Star”, gewonnen hat. Am Anfang fand ich diese Euphorie ja auch noch relativ ansteckend, aber nachdem sich alle fast nur noch ausschließlich für Jude interessierten, war es dann schnell mit meiner Begeisterung vorbei. Allerdings war das nicht alles. Tommy war immer mein Traummann gewesen – und das seit meiner Jugend. Bevor er Produzent wurde, war er Mitglied einer ziemlichen berühmten Boyband, Boyz Attack. Ich war ein riesengroßer Fan dieser Boygroup gewesen und mein Favorit war schon immer Lil Tommy Q, wie er damals genannt wurde, gewesen. So wie ich Tommy da nun stehen sah, stieg in mir wieder das Gefühl von Verzweiflung auf. Er hatte sich also auch für Jude und nicht für mich entschieden. In diesem Moment bemerkte er mich. “Hey, Sadie”, begrüßte er mich mit einem Lächeln. “Hi”, entgegnete ich robust. “Hast du –” Ich brach ab, da Jude gerade aus der Gesangskabine kam. “Und, war's dieses Mal besser mit der Bridge?”, erkundigte sie sich bei Tommy. Er sah sie mit diesem verliebten Strahlen, das ich bei ihm während unserer Beziehung nie auf seinem Gesicht gesehen hatte, an. “Ja, allerdings. War super.” Jude hob die Hand. “Hi, Sadie.” Ich steckte meine Hände in die Hintertaschen meine Jeans, um mich mit meinen Fingernägeln in dem Stoff festzukrallen zu können. “Hallo. Hab von Mum gehört, dass du an deiner neuen CD arbeitest.” Jude nickte mir zu. “Japp. Wird ‘ne ziemlich coole Sache. Tommy und ich haben ein paar neue Ideen, die echt rocken.” “Aha”, machte ich nur und presste meine Lippen aufeinander. Natürlich hatte nicht Jude Harrison allein die Idee, nein, sie und Tommy hatten wieder eine. Tommy legte seinen Arm um Judes Hüfte. “Suchst du Darius?”, fragte er mich dann. “Ähm, ja”, antwortete ich etwas geistesabwesend. “Das tue ich.” Ich stand steif da und versuchte verzweifelt, lässig zu wirken. Den Bruchteil einer Sekunde später wurde zum Glück die Tür hinter mir geöffnet und ich spürte, wie sich zwei Arme um mich legten. “Sadie, meine Schöne”, flüsterte mir da jemand ins Ohr. Ich lächelte gequält. “Hi!” Ich drückte Darius einen Kuss auf. Ein Vorteil an ihm war, dass er sich immer für mich Zeit nahm. Er hörte mir zu. Tommy hatte das nur selten getan. Er war immer beschäftigt gewesen (und viele Male war er das mit Gedanken an Jude, glaube ich). Ich legte den Kopf schräg. “Was ist? Wollen wir irgendwo ‘nen Kaffee trinken gehen?”, fragte ich Darius einen Tick zu hastig. “Okay”, willigte er ein und warf einen knappen Blick zu Tommy. “Seid ihr fertig geworden?“ Dieser nickte kurz angebunden. “Ja. Ich werd jetzt noch das Master machen. Willst du’s später hören?” Ich griff nach Darius’ Hand. “Logisch”, war seine Antwort, als plötzlich sein Handy klingelte. Er sah mich entschuldigend an. “Ich geh kurz nach draußen, ja?” Darius ließ meine Hand los, klappte sein Telefon auf und verschwand aus dem Studio. Jude sah mich erwartungsvoll an. “Ja, ich geh dann wohl mal besser”, meinte ich bewusst zögerlich. Tommy sah mich etwas verlegen an. “Äh, Sadie... kann ich dich später mal sprechen? Es ist wichtig.” Ich zuckte scheinbar uninteressiert mit den Achseln. “Klar. Kannst mich ja dann anrufen.” Ich bemerkte Judes fragenden Blick. Ich fragte mich bestimmt dasselbe wie sie: Warum wollte Tommy mich ohne sie sprechen? Ich rang mich zu einer verabschiedenden Geste durch und kehrte Jude und Tommy den Rücken zu. “Shit”, murmelte ich in mich hinein. Ich war schon wieder in mein Muster verfallen. Mir fiel es ehrlich gesagt immer noch etwas schwer, die Beiden zusammen zu sehen. In der Gesellschaft der Zwei fühlte ich mich mehr als überflüssig. Immerhin war meines Erachten nach Jude schon etwas an dem Scheitern von Tommys und meiner Beziehung schuld, auch wenn sie das mit Sicherheit nicht so sah. Darius schlenderte zu mir herüber. “War nur ein Geschäftspartner”, grummelte er. “Aber egal.” Sein Gesicht hellte sich deutlich auf. “Und, wie sind deine Castings gelaufen?” Ich seufzte. “Lass uns nicht darüber reden”, bat ich angespannt. Er legte tröstend einen Arm um mich. “Das nächste Mal läuft’s sicher besser.” Seltsamer Weise erinnerte ich mich genau in dieser Sekunde an die Worte, die ein Mitarbeiter von G Major vor einigen Tagen mit einem vielsagenden Grinsen auf den Lippen im Vorbeigehen zu mir gesagt hatte: “Du hast Darius so viel weicher gemacht!” Hatte ich wohl. Seitdem behandelter er alle ausgesprochen nett.
Aus dem Kaffee war ein Restaurantbesuch geworden. “Sadie, ich muss wohl für mindestens zwei Wochen nach London”, erzählte Darius mir, als wir kurze Zeit später in seinem Lieblingsrestaurant saßen. Ich verschluckte mich beinahe an meiner Cremesuppe. “Warum denn das?” “Nun, Liam hat mich vorhin angerufen. Er ist doch wegen der Vermarktung von Jude in England gerade nach London gereist. Es gibt irgendwelche Probleme mit dem Marketing”, erwiderte er in dem neutralsten Ton, den er aufbringen konnte. “Das ganze Konzept funktioniert nicht.” Ich lächelte. “Davon versteh ich eh nichts.” Er nahm einen Schluck aus seinem Glas. “Wenn es dir was ausmacht, dass ich für die Zeit weggehe, sag’s ruhig.” Mein Freund würde als für mindestens 14 Tage nach London abhauen, um sich um die Vermarktung meiner Schwester auf dem englischen Markt zu kümmern. Überall, wo ich war, war auch Jude anwesend – wenn auch nicht körperlich. Und dabei war ich gerade dabei, meinen eigenen Weg zu finden. Um Zeit zu schinden, nippte ich ebenfalls kurz an meinem Getränk und schenkte ihm dann ein Lächeln. “Ach, Blödsinn. Du wirst in London gebraucht, also gehst du auch dahin”, beschloss ich. Darius wollte mich auch immer unterstützen. Ein weiterer Vorteil. Ihn interessierte wirklich, was ich dachte und wollte. Er setzte gerade zu einem neuen Satz an, als mein Telefon anfing, rumzupiepsen. “Sorry...” Ich schaute auf mein Display. Es war Tommy. Darius bemerkte meinen aufmerksamen Blick, dem ich meinem Handy widmete. “Wer ist es denn? Dringend?” “Ich denke schon.” Ohne weiter über meine Handlung nachzudenken, sprang ich auf und marschierte schnurstracks aus dem edlen Restaurant, bevor ich das Gespräch entgegen nahm. Ich räusperte mich. “Hallo?” “Hi”, hörte ich Tommy am anderen Ende der Leitung sagen. “Ähm, hast du grad Zeit oder eher nicht?” Ich überlegte tatsächlich für einen Moment. “Eher nicht”, entschied ich dann. “’kay. Kann ich dich später sehen?”, verlangte er zu wissen. Ich war zweifellos erstaunt. “Jaah, ich denke schon”, antwortete ich gedehnt. “Wenn du mir dann endlich verrätst, warum du so einen Aufstand machst.” “Ja, dann sag ich’s dir selbstverständlich. Aber lieber persönlich.” “Gut, du kannst ja später bei uns vorbeikommen.” “Sadie, wart mal kurz...” Ich lauschte und nahm einige Gesprächsfetzen auf. “Ist das Sadie...?” – “Ja, warum?” – “Aber du hast gesagt...” Die andere Stimme war mir vertraut. Jude. Mal wieder. “Äh...” Tommy räusperte sich behaglich. “Machen wir so. Bis dann.” “Bye.” Verwirrt hörte ich das Freizeichen und wanderte zurück an den Restauranttisch. Jedoch setzte ich mich nicht. “Ich muss weg”, erläuterte ich meinen bevorstehenden Abgang und schnappte mir meine Handtasche. Verdutzt ließ Darius seinen Löffel in seiner Vorspeise ruhen. “So plötzlich?” Ich warf meine Haare zurück. “Ja, tut mir Leid. Es war mein Dad. Irgendwas ist vorgefallen. Wir sehen uns doch noch mal, bevor du fliegst, oder?” “Nein. Ich fliege morgen. Hab ich doch gesagt.” Darius nahm einen Bissen. “Ach so!” Ich war überrascht über mein sonst so intaktes Taktgefühl, das jetzt gerade nicht ansprang. “Gut. Dann bis in zwei Wochen.” Ich hauchte ihm einen Kuss auf den Mund. “Grüß Liam”, grinste ich und hastete davon.
Eine Stunde später an diesem denkwürdigen Sonntag saß ich auf der Couch im Wohnzimmer und schaute gelangweilt eine Heimwerkersendung, währenddessen Jude sich eine Packung Cornflakes schnappte und sich neben mir sinken ließ. “Weißt du was?”, fing sie an und riss die Packung einfach auf. “Seitdem du und Darius verknallt seid, ist er richtig nett. Du hast ihn verändert.” “Wirklich?”, fragte ich halbwegs herablassend. Gut, ich hegte derzeitig einen bestimmten Groll gegen Jude. Aber das fand ich gar nicht so schlimm. Meine Schwester stopfte sich eine Handvoll Cornflakes in den Mund. “Hm, sag ma’, ‘arm hast ‘u vor’in mit ‘ommy telefoniert?”, mampfte sie. Ich verdrehte die Augen. “Bist du nicht mal im Stande, einen Satz zu bilden?”, fauchte ich. “Und schmatz mir nichts ins Ohr, Jude!” Sie sackte in sich zusammen. “Schon okay. Ich hab gefragt, wieso du vorhin mit Tommy telefoniert hast.” Ich hielt inne. “Nur so.” Normalerweise war ich im Ausredenerfinden besser als Jude. Normalerweise. Sie drückte mir ungefragt eine Portion trockener Flakes in die Hand. “Echt? Einfach so?”, hackte sie nach. Ich betrachtete missmutig die Dinger in meiner Hand. “Ja, einfach so. Aus reinem Spaß an der Freude”, entgegnete ich gelangweilt. Es läutete an der Tür. Ich drückte Jude die Cornflakes in die freie Hand und sputete zur Tür. Als ich sie öffnete, sah ich direkt in Tommys Gesicht. “Hi”, grüßte ich im gesenkten Ton. “Jude ist grad hier. Und da du mich unter vier Augen sprechen wolltest...” “Oh, ach so.” Tommy nickte und sah irgendwie beschämt aus. Ich rief Jude ein “Bin gleich wieder da!” zu und schloss die Tür hinter mir. Erwartungsvoll fixierte ich ihren aktuellen Freund. “Also, was gibt’s?”, erkundigte ich mich schnippisch. “Dir ist schon klar, dass ich meine Zeit für dich opfere? Oh, lass mich raten! Es gibt eine Modelpanne – wie schon bei mir?” Tommy wurde auf einmal leichenblass. “Sadie...”, begann er und war kurz davor, seinen berühmt-berüchtigten “Ich bin doch so unschuldig”-Blick aufzusetzen. “Nicht mit mir”, orderte ich. “Nicht ich, nicht jetzt! Wenn du schon so anfängt – ‘Sadie.’” Ich redete mich wahrlich in Rage. “Jetzt sag nicht, dass das stimmt? Tommy, ‘ne Modelpanne?” Ich sah ihn streng und ungläubig zugleich an. Er senkte kurz den Blick. “Es war ‘ne Party”, versuchte er sich, zu rechtfertigen. Ich lachte kurz künstlich auf und verschränkte die Arme. “Einen Moment. Meinst du das jetzt ernst?”, schnauzte ich ihn an. “Jude ist meine Schwester. Du kannst das nicht mir ihr abziehen, hörst du? Sie liebt dich, verdammt!” Tommy schaute mich verständnislos an. “Das weiß ich”, sagte er. “Aber es gibt wirklich eine Erklärung.” “Warte!”, fuhr ich lautstark dazwischen. “War das bei mir nicht auch so? Es gab immer eine Erklärung. Immer.” Langsam wurde ich wirklich aggressiv. “Und jetzt sag mir mal, warum du mir das erzählst.” Tommy steckte seine Hände in die Hosentaschen seiner Jeans. “Die Party war gestern. Und ich hatte was getrunken, Sadie.” “Das ist keine Erklärung!”, keifte ich aufgebracht dazwischen und verlagerte genervt mein Gewicht auf das linke Bein. Wer glaubte er eigentlich, wer er war? Ach ja, Tommy Quincy. “Hör mir doch mal zu!” Tommy sah mich eindringlich an. “Das war noch nicht alles. Da war ein Fotograf. Und ich befürchte, dass der gewisse Fotos weiterverkaufen will, verstehst du?” Ich schüttelte diskret den Kopf. “Das ist wohl ein schlechter Witz, Mann”, zischte ich. “Sadie –” “Wenn du meinen Namen sagst, wird’s auch nicht besser.” Ich war nicht nur enttäuscht, ich war frustriert. Frustriert deshalb, weil er immer den gleichen Mist baute. “Weißt du eigentlich, was du für ein Idiot bist?”, fuhr ich ihn an. “Du findest da ein Mädchen, das dich echt liebt und du baust wieder mal den größten Bockmist, du Dummkopf. Und das mit irgendeinem Model! Du bist so ein bescheuerter Vollidiot!”, schimpfte ich weiter. Doch ich wusste ehrlich gesagt nicht genau, ob ich Jude mit dem Mädchen meinte, das ihn wirklich liebte. Tommy schluckte das ungewöhnlicher Weise einfach so. “Ich weiß”, knirschte er nur. “Also... Du musst mir jedenfalls helfen.” “Ha!” Ich wusste nicht, was ich anders sagen sollte. Ich war beinahe entsetzt. “Ich soll dir helfen?”, wiederholte ich dann spöttisch. “Ausgerechnet ich?” Ich guckte ihn nicht an. “Du kennst Darius doch jetzt persönlicher”, fuhr Tommy fort. Ich wurde hellhörig. “Ah, ja. Was soll er jetzt noch damit zu tun haben?” Tommy trat einen Schritt näher heran und schaute mich relativ aufrichtig an. “Er hat Kontakte. Er könnte verhindern, dass diese Bilder an die Presse geraten. Du könntest mit ihm reden, Sadie.” Dann kam das, was ich hoffte, das es nicht kam: Tommy sah mich mit seinem unschuldigen Blick an, mit dem er wohl alle Harrison-Frauen betören konnte. Kurz gesagt: Jude und mich. Leider! Ob er wohl irgendwann auch meine Mutter mit diesem Blick rumkriegen musste, wenn er sie um einen Gefallen bat? Aber das war der falsche Gedanke. Nein, ich würde ihm endlich mal die kalte Schulter zeigen, beschloss ich. “Ich kann das nicht tun. Tommy, ich kann dir nicht helfen, nur weil du mit einem Model rumgemacht hast und zufällig zur selben Zeit mit Jude zusammen bist”, sagte ich mit fester Stimme. Ich war unglaublich stolz auf mich, das so gezielt gesagt zu haben. “Ich hab nicht mit ihr rumgemacht.” Es war ihm verflucht peinlich. Ich schaute weg und musste nachdenken. “Okay”, gab ich schließlich nach. Erleichtert lächelte Tommy mich an. “Ich weiß nicht, wie ich dir danken kann.” Ich machte hilflos eine weitausschweifende, undefinierbare Geste. “Glaub nicht, dass ich das je wieder machen werde. Außerdem tu ich das nicht für dich, sondern für Jude!”, stellte ich sofort klar. Er nickte verständnisvoll. “Klar. Aber... rede bitte schnell mit Darius, okay? Sonst kriegt Jude das mit.” Ich wollte ihn einerseits dafür bestrafen, was er Jude angetan hatte. Andererseits war er immer noch Tommy. “Das geht nicht. Er fliegt morgen nach England.” “Was?” Tommy fluchte laut und kniff dann zerstreut die Augen zusammen. “Dann... dann ruf ihn doch an oder so...” Ich ließ ein gereiztes Stöhnen hören. “Was soll das? Ich bin doch nicht für deine... deine Fehler verantwortlich. Sag es Jude doch einfach und dann ist das geklärt.” Dieses Mal war er es, der den Kopf schüttelte. “Das kann ich nicht. Ich kann ihr das doch nicht antun.” Jetzt platzte mir der Kragen. “So geht das nicht.” Ich zog die Nase kraus. “Du bist so ein Mistkerl, Tommy!” Er wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Er hatte auch nichts mehr zu sagen. “Rede mit ihm, wenn du mir helfen willst”, schlug er dann zögerlich vor. “Kannst ihm ja von der Party erzählen, ja? Also, ihr Name ist jedenfalls Katie Williams. Sie ist zwar Model, arbeitet aber eigentlich bei so ’ne Firma... ich hab vergessen, wie die hieß. Aber egal... ich denke, Darius wird dann schon wissen, was zu tun ist.” Ich hörte mir sein Gelaber an. “Noch eine Frage”, sagte ich so kalt wie möglich. “Ist... was ist da genau gelaufen mit dieser Katie?” Diesen Namen mochte ich jetzt schon nicht. “Nichts”, wog Tommy ab. Ich sah ihn senil an. “Ich werd mit Darius sprechen”, versprach ich. “Und ich hoffe nur, dass du so ‘nen Mist nicht noch mal machst. Du wirst nicht auch noch Jude verletzten.” “Danke zumindest.” Tommy öffnete den Mund, als wollte er noch etwas sagen, doch dann drehte er sich um und verschwand in Richtung seines Wagens, der an der Straßenecke parkte. Und in meinen Kopf duselte eine Frage umher: Warum tat ich das für diesen Typen? Leicht irritiert drehte ich mich um. “Och, nee...!” Ja, die Tür hatte ich zugemacht –ohne den Schlüssel mitgenommen zu haben. Ich klingelte also. Jude öffnete mir mit einem breiten Lächeln und der Cornflakespackung in einer Hand. “Ausgesperrt?” Ihr Lächeln verwandelte sich schlagartig in ein misstrauisches Zucken der Mundwinkel. “Ist das da hinten nicht Tommys Viper?” Sie spähte in die Dämmerung. Ich wandte mein Blick auf die Straße, auf der sein Auto gerade in der Dunkelheit verschwand. Wir sahen nur noch die Schweinwerfer. “Nein, warum?”, sagte ich belanglos und quetschte mich an ihr vorbei. Als ich mich wieder auf der Couch platziert hatte, schob ich mir einige Cornflakes, die auf dem Tisch lagen, in den Mund und steckte meine Hände in meine Hosentaschen. Dort fühlte ich etwas Kleines, Rechteckiges. Ich zog es heraus. Es war die Visitenkarte der hübschen Castingleiterin, die ein Fan von Jude war. Als ich ihren Namen las, blieben mir fast die Cornflakes im Hals stecken: Katie Williams. In meinem Kopf wiederholten sich Tommys Worte: “Sie ist zwar Model, arbeitet aber eigentlich bei so ‘ner Firma...” Ja, vielleicht bei einer Castingagentur für zweitklassige Serien, die mich heute abgelehnt hatte?
Diese Nacht konnte ich kein bisschen schlafen. Zu wissen, dass Tommy Jude hintergangen hatte, machte mich nervös. Doch der Gedanke, dass ich das genau wusste und es ihr verschwieg, machte mich beinahe wahnsinnig. Es war erst gegen acht Uhr an diesem Montag, als ich zum Telefon griff und Darius' Nummer eintippte. Nach einigen Klingeln nahm er ab. “Hallo?” “Hi, hier ist Sadie”, meldete ich mich atemlos. Er war erfreut von mir zu hören. “Wie geht's dir? Alles in Ordnung?” “Ja, ja, mir gehts ganz gut”, tönte ich. “Wo bist du? Am Flughafen?” “Auf dem Wag dahin, im Taxi.” “Sorry noch mal wegen meinem Abgang gestern.” Ich fixierte ein Bild auf dem Regal im Wohnzimmer, auf dem mein Vater Stuart, meine Mum, Jude und ich zu sehen waren. “Es geht um Tommy. Du musst ihm helfen, Darius.” “Tommy? Warum?” Darius klang misstraurisch. Hatte er gesehen, wie ich Tommy gestern im Studio angesehen hatte? “Er hat Schwierigkeiten. Er war gestern auf 'ner Party, weißt du. Und einige Fotografen haben ein Gespräch zwischen ihm und einem Model falsch interpretiert und Bilder geschossen, die auf gar keinem Fall in Umlauf gelangen dürfen”, erklärte ich geduldig und ausführlich. “Sie heißt Katie Williams. Kannst du irgendwie an die Fotos rankommen und verhindern, dass sie in die Medien gelangen?” Darius überlegte. “Warum sollte ich das tun, hm? Immerhin ist er selbst dran schuld, wenn Fotos von ihm und diesem Model irgendwo auftauchen.” “Bitte.” Ich presste den Hörer gegen mein Ohr. “Sonst heißt es, Jude Harrisons Freund würde Unerlaubtes tun. Das würde doch ihrem Image schaden. Außerdem kannst du's auch für mich tun, oder?” “Warum liegt dir so viel daran, diese Fotos aus dem Verkehr zu ziehen?”, fragte er verhängsnisvoll. “Wegen Jude”, antwortete ich diplomatisch. Darius ließ ein “Mh” hören. Ich hielt mir die Visitenkarte vor die Augen. “Schau mal bitte, was du tun kannst, okay? Sie heißt Katie Williams und arbeitet eigentlich bei 'ner Agentur. Die heißt 'VIP Dreams'.” “Hab schon von gehört”, meinte Darius seltsam langsam. “Gut. Ich werd sehen, was ich machen kann. Kannst aber meinem Produzenten gern sagen, dass er sich sowas nicht noch mal leisten kann.” “Ja, mach ich”, erwiderte ich kleinlaut. “Danke.” Ich hörte, wie der Taxifahrer etwas Unverständliches zu ihm sagte. “Das ist noch nicht alles. Liam und ich sind ja dann in London. T soll sich um die geschäftlichen Sachen kümmern, verstehst du?” “Okay. Richt ich ihm aus.” Ich seuftze. “Danke noch mal.” “Ich ruf dich an, sobald ich gelandet bin, Sadie.” Er legte auf. Ich war einerseits froh, dass es durch Darius eventuell verhindert werden konnte, dass die Fotos in die Presse gelangen. Anderseits war es mit Sicherheit nicht richtig, dass Jude nichts von Tommys vermeintlichem Fehltritt erfuhr. Immerhin hatte er das doch verzettel. Ich musterte die Visitenkarte in meiner Hand. Gestern hatte ich nicht mal im Ansatz geahnt, dass ich heute schon wieder über diese Katie Williams reden würde. Es wär wohl erstmal besser, wenn ich Jude nichts von ihrem Autogrammwunsch erzählte.
“Den Einfall für den neuen Song hatte ich, als wir einfach nur im Studio rumsaßen. Das klingt total doof, ich weiß. Aber der ist so geil! Du musst ihn unbedingt hören”, berichtete Jude mir aufgeregt, als wir auf den Weg durch G Major ins Studio waren. Ich hatte gesagt, dass ich sie heute mal bei ihrer Aufnahmesession begleiten wollte, was natürlich nicht ganz der Wahrheit entsprach. Jude spazierte direkt vor mir ins Studio, in dem Tommy bereits mit Kwest saß. “Hi!” Jude gab Tommy einem Kuss und reichte Kwest die Hand. Ich begrüßte alle mit einem scheuen Lächeln. Das war verdammt ungewöhnlich für mich, aber ich hatte echt keine Lust, mich mit irgendjemanden zu unterhalten. Tommy warf mir einen nervösen Blick zu, doch Jude lenkte ihn bereits mit einer neuen Textidee ab. Während die Beiden miteinander sprachen, hörte Kwest auf, irgendwelche Discs zu sortieren und rollte auf seinem Drehstuhl kurzer Hand zu mir rüber. “Hey Sadie, konntest du Darius überzeugen, Tommy zu helfen?” “Du weißt auch von dieser Sache mit dieser Katie?”, zischelte ich. Kwest zuckte mit den Achseln. “Ja, logisch. Wie siehts aus?” “Darius versucht's”, gab ich zurück und fuhr mir durchs Haar. “Wenn er nicht irgendwas drehen kann, ist Tommy eben aufgeschmissen.” Kwest musste grinsen. “Warum hast du das für Tommy gemacht?” “Hab ich gar nicht”, meinte ich. “Ich hab's für Jude getan. Sie soll ja nicht so enden wie ich, oder?” Ich hatte keinen Bock, länger rumzusitzen und meiner Schwester und Tommy beim Flirten zuzusehen. Das nannten sie wohl “arbeiten”. Ich stand auf und tigerte zu ihnen herüber. “Hey, ich glaub ich hab doch keine Zeit mehr.” Ich sah Jude nicht an. Tommy schaute mich fragend an. “Also, du sollst dich hier um die Geschäfte kümmern, bis Darius wieder da ist”, sagte ich einen Ton zu kühl. “Und die andere Sache ist auch geklärt. Zumindest fast.” Er nickte. “Okay. Danke.” In diesem Moment klopfte es an der Tür. “Na?” Es war Portia, Darius' Schwester. Sie kam herein geschlendert. “Es gibt eine super gute Nachricht, Leute. Diesen Samstag steigt eine riesige Modenschau bei G Major. Sie kündigt Judes neue Single an.” Jude sah sie mit leuchtenden Augen an. “Hast du das etwa in die Wege geleitet?” “So siehts aus, meine Liebe.” Jude umarmte Portia erfreut. “So, ich sag jetzt allen anderen Bescheid. Außerdem gibt es noch eine Menge zu organisieren. Kleider, Models, Designer, und und und!” Sie flanierte aus dem Studio, nur, um gleich wiederzukommen. “Sadie, kannst du mir nicht ein bisschen helfen?” Ich war froh, eine Möglichkeit zu haben, um zu fliehen. “Sicher!” “Weißt du, wir haben nur fünf Tage und alles muss stehen. Darius will, auch wenn er nicht hier ist, dass alles perfekt abläuft. Jude soll natürlich performen und die Fashionshow soll ein bisschen darauf einstimmen...” Mit mir als Begleitung stürmte sie aus dem Studio.
Tatsächlich gab es vie zu erledigen. In Parnterarbeit hatten Portia und ich bereits nach nur drei Tagen die ersten Designer organisiert, Serviceanbieter für das Buffet bestellt, Gästeeinladungen verschickt, Plakate in der ganzen Stadt aufhängen lassen und die Hälfte der Models, die wir benötigten, arrangiert. Eins war mir zumindest klar: Den Kontakt zu einer gewissen Katie Williams würde ich vermeiden. Denn ich konnte es um Gottes Willen nicht verhindern, dass Portia sie als Model engagiert hatte. Ich hatte zumindest beschlossen, Tommy über Portias Entschluss zu informieren. Das war wohl das Beste für alle Beteiligten. Es war schon gegen 17 Uhr an diesem Donnerstag, als Portia übereifrig zu mir herüber wanderte. “Sadie, du weißt ja, dass wir soweit alles fertig haben. Es gibt nur noch zwei Probleme: Einmal, dass uns noch einige Models fehlen und das zweite wäre, dass wir den Catwalk irgendwie in unsere Location bekommen müssen.” “Ich weiß”, sagte ich abgehetzt. “Wir teilen die restliche Arbeit auf, ja?”, schlug Portia vor. “Ich erledige die Sache mit dem Laufsteg und du versuchst, ein paar Agenturen der Models zu erreichen. Allerdings müsstest du bei einer Agentur selbst vorbei schauen. Die legen viel Wert darauf, dass man persönlich mit ihnen spricht.” “Äh, okay, mach ich.” Portia drückte mir einen Stapel mit Namen und Telefonnummern der Agenturen in die Hand und war einen Augenblick später schon verschwunden. Na toll, das war ja echt eine großartige Aufgabe! Ich tippte also nacheinander alle Nummern ab und wählte mir die Finger wund. Das ernüchternde Ergebnis war, dass ich von mindestens dreißig Agenturen gerade mal fünf Zusagen für nur je ein Model erhalten hatte. Und dann war da die letzte Agentur, bei der ich persönlich antreten sollte: “VIP Dreams”. Diese war mir ja bereits bekannt: Katie Williams war dort meines Erachtens nac unter Vertrag. Ich schnappte mir meine Tasche und machte mich auf den Weg.
Ich staunte nicht schlecht, als ich vor dem Hauptgebäude der Modelagentur ankam. Es war ein überwältigend großes Gebäude und als ich eintrat, wurde ich sofort an der Rezeption von einer hageren älteren Dame mit Nickelbrille empfangen. “Guten Tag und willkommen bei 'VIP Dreams'. Wie kann ich Ihnen helfen?”, begrüßte sie mich seriös mit einem professionellen Lächeln auf dem schmalen Mund. Ich lächelte knapp. “Hallo, mein Name ist Sadie Harrison. Ich komme von G Major. Wir veranstalten am Samstag eine große Fashionshow und suchen noch einige Models.” Ich räusperte mich halb verlegen, halb bestürtzt. “Eines Ihrer Models, Katie Williams, nimmt bereits teil.” “Ah, ich habe das schon gehört.” Die Empfangsdame nickte mir zu und bat mich, mich kurz zu setzten. Zusammen mit Geschäftsmännern und wohl gecasteten Anwärterinnen, die alle meiner Meinung nach einen Vertrag bei “VIP Dreams” schon so gut wie in der Tasche hatten, saß ich gemeinsam im Warteraum, bis eine groß gewachsene, dürre Frau mit extrem hohen Wangenknochen und einer Hochfrisur mit einem eingemeiselten Lächeln direkt auf mich zusteuerte. “Sie sind hier, um sich als Model zu bewerben oder sind Sie von G Major?”, fragte sie mit spanischem Akzent. “Kein Model, von G Major.” “Wunderbar! Sie kennen mich mit Sicherheit. Mein Name ist Nancy Bell. Ich bin die Chefin des Hauses.” Sie betrachtete mich für einen Moment und sagte dann, ich solle ihr in ihr Büro folgen. In diesem sehr geschmackvoll eingerichteten Raum fragte sie mich dann nach meinem Anliegen. “Eins Ihrer Models tritt bei der G Major Modenschau, die am Samstag stattfindet, bereits auf. Trotzdem suchen wir noch einige, Misses Bill”, fasste ich mich kurz. Sie sah mich großzügig an. “Ach, ich bin nicht verheiratet. Nennen Sie mich doch bitte Nancy. Aber verraten Sie mir doch bitte, welches meiner Schätzchens bereits bei der Show mit von der Partie ist.” Sie lächelte mich immer noch künstlich an. “Katie Williams.” Schon wieder dieser Name. Nancy schlug die Hände zusammen. “Wie wundervoll! Katie, mein Engel!”, jauchzte sie überschwänglich. “Sie ist auf dem Laufsteg wie eine Grazie. Oh, wenn sie dabei ist, stelle ich Ihnen zu gerne auch noch einige andere meiner Mädchen zur Verfügung. Das wird überhaupt kein Problem zu sein.” Ich war überrollt von dieser überkünstelten Heuchelei von Engeln, Schätzchens, Grazien und der Überschwänglichkeit dieser Dame. Ich rang mich lediglich zu einem “Schön” durch. Nancy nickte überaus zustimmend. “Ja, wunderschön!”, betonte sie übereifrig. Ich räusperte mich. “Mit wie vielen Models können wir rechnen?” Sie überlegte kurz. “Notieren Sie sich fünf. Das ist die perfekte Anzahl ... obwohl, nein! Sechs. Sechs meiner Mädels plus Katie werden diese Show zu einem wahren Event machen. Das ist ideal.” Ich wog den Kopf. “Okay. Danke.” Die Agenturchefin schüttelte mir sacht die Hand. “Keine Ursache, Liebes.”
Nachdem ich Portia mitgeteilt hatte, dass wir mit den sieben “VIP Dreams”-Models und fünf weiteren Schönheiten von anderen Agenturen die Show rechnen konnten, war sie mehr als begeistert. “Das ist mehr als nur perfekt. Eine weniger wäre auch okay. Aber so können wir noch einen Designer mehr ins Boot holen.” Ich ging gerade ein paar der Setcards der angesagten Models durch, als Tommy plötzlich vor mir stand. Mit einer schnellen Geste begrüßte er mich. “Hey. Wie läuft's?” Ich war überrascht gewesen, wie sehr er den ganzen Laden im Griff hatte. Er kümmerte sich nämlich ausgesprochen gut um die Geschäfte wegen Darius' Abwesenheit und fragte beinahe stündlich bei Portia wegen der Organisation der Modenschau nach. Darius. Als ich an ihn dachte, bekam ich ein flaues Gefühl im Magen. Von wegen, er wolle mich anrufen, sobald er in London angekommen war! Das war er ja wohl bereits vor drei Tagen und ich hatte noch nicht ein Wort von ihm gehört. Keine Nachricht, kein Anruf, nichts. Ausgesprochen unzuverslässig. “Oh, ganz gut”, antwortete ich betont beschäftigt und würdigte ihn keines Blickes. Tommy schaute mich hilflos an. “Ich weiß, dass du willst, dass ich Jude von der Party erzähle. Aber das ist doch Schwachsinn. So würde alles nur noch viel komplizierter werden als es eh schon ist.” Ich schaute ausdruckslos auf und unterbrach meine Arbeit. “Das Problem ist, dass auch ich davon weiß. Und du willst doch nicht riskieren, dass mir irgendwann mal ein Wort rausrutscht?”, erwiderte ich zickig. Er verharrte auf seiner Position. “Das machst du nicht.” Ich verschränkte die Arme vor der Brust. “Ach nein?”, fragte ich herausfordernd. Tommy hob abwehrend die Hände. “Hat D die Fotos schon oder nicht?” Er hatte mich erwischt. Ich hatte ja keine Ahnung. “Mit Sicherheit. Immerhin sind sie ja nirgendswo gedruckt worden. Oder willst du die Negative, da ja niemand behaupten kann, du und Katie...” Ich begann, die Setcards zu ordnen. Er rieb seinen Nacken. “Sag mal, glaubst du nicht, dass du mich genug bestraft hast? Das hatte doch alles nichts mit dir zu tun.” Ich ließ die Setcards pikiert aus meiner Hand rutschen. “Wie bitte? Bestraft? Hey, Jude ist meine kleine Schwester, schon vergessen? Außerdem habe ich dafür gesorgt, dass man dein Gesicht auf keinem einzigen Foto zusammen mit deinem Lieblingsmodel sieht. Und ich habe nichts damit zu tun?” Tommy räusperte sich wegen meines Tonfalls. “Du weißt, dass ich dankbar bin, dass du das für mich getan hast -” “Für Jude”, unterbrach ich ihn und trommelte mit dem Finger auf der Tischkante. Er neigte den Kopf. “Für Jude, aber das heißt nicht, dass du dauernd darauf rumreiten musst, Sadie”, machte er mir klar. “Ja, 'tschuldigung”, murmelte ich. Dann blickte ich klar auf, um seine Reakion zu sehen. “Ich weiß ja nicht, ob dir das schon jemand gesagt hat, Tommy, aber sieben Models von 'VIP Dreams' werden auch auftreten.” Er wurde nicht nervös. “Ja, gut.” “Ich war heute bei Nancy Bell, der Agenturchefin. Sie war begeistert. Vor allem weil ihr 'Engelchen' auch dabei ist: Katie Williams.” Tja, Rache ist eben süß. Tommy schaute mich undurchsichtig an. “Was? Katie wird auch hier sein?” Diesen Augenblick genoss ich. “Ja, Portia hat sie engagiert”, erzählte ich ihm mit honigsüßer Stimme. “Absagen können wir auch nicht mehr. “ Tommy knetete energisch seine Hände. “Aha. Toll.” “Warum? Hast du ihr Hoffnungen gemacht?”, hackte ich immer noch mit zuckersüßer Stimme nach. Das Gesicht, das er machte, war's wert. “Nein, aber sie hat es eventuell anders verstanden”, redete er sich verzweifelt raus. Ich kniff die Augen zusammen. “Du bist mit Jude zusammen. Und du könntest ja dafür sorgen, dass das auch so bleibt, Tom. Leider bestitzt du das Talent, immer alles kaputt zu machen.” In diesem Moment, als Tommy gerade anfingen wollte, sich erneut zu erklären, hielt jemand ihm von hinten die Augen zu. Jude formte zu mir tonlos mit den Lippen ein “Pst!”. Wie kindisch. Tommy schien's zu gefallen. Er lächelte und fragte ganz unverfroren: “Wer kann das sein? Jude?” Sie nahm die Hände von seinem Gesicht und gab ihm einen Kuss. “Wie laufen die Vorbereitungen?”, wandte sie sich dann gut gelaunt an mich. “Toll. Wir brauchen nur noch einen Namen für die ganze Sache”, entgegnete ich trocken. Jude und Tommy. Das perfekte Paar. “Wir arbeiten zusammen. Wir lachen zusammen. Wir weinen zusammen. Wir verstehen uns ohne Worte. Und in drei Jahren heiraten wir und haben acht musikalische Wunderkinder. Wir sind perfekt.” Und ganz so als hätte ich es geahnt, sprudelte es auch schon aus Jude heraus: “Den kann ich mir doch ausdenken, oder?” Klar, geht ja auch mal wieder um dich, antwortete ich in Gedanken. Und es war ja auch so: Die ganze Werbetrommel wurde nur für Jude und ihre “brandheiße” neue Single gerührt. “Ist doch klar, wie der Name lautet, Leute!” Jude sah erst überzeugt Tommy und dann mich an. “Wie meine Single: 'Causes For You'.” “Ja, außerdem ist es gleich eine gute Promo für dein neues Album. Es ist zwar noch nicht fertig, aber 'Causes' ist immerhin die erste Singleauskopplung”, stimmte ihr Produzent ihr zu. Ich ließ mich von der Euphorie nicht mitreißen. “Warum denn nicht gleich 'Causes For Fashion'? Immerhin ist es immer noch eine Modenschau und keine Single-Release-Party”, rumorte ich vor mich hin. Auf dem Gesicht meiner Schwester erschien ein übermäßiges Strahlen. “Oh, wie geil!” Sie rannte um den Tisch herum und umarmte mich überdrüssig. “Das ist sowas von cool... 'Causes For Fashion'!” “Das war nur ein Scherz”, klärte ich sie tonlos auf und löste mich aus der Umarmung. Sie lächelte mich seelig an. “Das klingt verdammt cool. Aber du musst mir erst mal erzählen, was eigentlich mit dir los ist, Sadie!” Ihre Stirn legte sich in Falten. “In letzter Zeit bist du wie eine trübe Tomate. Total lustlos.” “Dafür gibt es auch einige Gründe”, grummelte ich und drehte mich Tommy zu. “Du Glücklicher kannst ja Portia von der Idee berichten oder hast du was zu tun?” Sogleich, bevor er mir antworten konnte, verkündete Jude: “Japp, wir müssen zurück ins Studio.” Sie zog ihn mit sich. Wunderbar. Sogar das blieb also an mir hängen.
Freitagmittag war so gut wie alles geklärt. Die Outfits der hochkarätigen Designer standen, die Stargäste, für die die Plätze in der ersten Reihe reserviert waren, die Models waren gebucht, die Deko, das Buffet, alles. Tatsächlich lautete der Name nun “Causes For Fashion”, angelehnt an den Titel von Judes neuer Single. Portia genehmigte sich in der Pause einen Kaffee und ich war gerade dabei einen Stapel von Flyern zurechtzurücken, als mein Handy klingelte. Na endlich! “Hey, Darius.” Ich war erfreut, endlich von ihm zu hören. “Hallo, Sadie. Weißt du, ich habe in einem Funkloch gesteckt... und die Verbindung hier ist immer noch schlecht.” Was für 'ne billige Ausrede! “Ein Funkloch? Seit drei Tagen?” “Ja. Und wie du bestimmt festgestellt hast, sind die Bilder unseres Produzenten nirgendswo erschienen. Ich hab die Negative und die Fotos hier.” “Du willst sie doch nicht behalten?” “Wer weiß, ob ich die nicht noch einmal brauchen könnte.” “Darius! Das wäre...” “Ja?” “Unmoralisch!” “Na, seid wann legt denn eine Sadie Harrison so viel Wert auf Moral?” Ich kicherte. “Eigentlich nicht. Aber das ist 'ne ernste Sache, mein Schatz.” “Nun, wenn du meinst. Ich lasse die Bilder von hier aus G Major zukommen. Da sind sie ja wohl sicher.” “Sicher? Ja, klar. Sag mal, wie lange wirst du denn jetzt in England gebraucht?” “Tja, Liam und ich haben einiges zu tun. So wie ich es gedacht habe, wird es sein. Die zwei Wochen kommen auf jeden Fall hin.” “Nur noch elf Tage. Ich freu mich, wenn du wieder da bist, Darius”, raunte ich ins Telefon. “Weißt du was? Das mit der Modenschau klappt auch immer besser. Der Name ist auch von mir: 'Causes For Fashion'.” “Das ist ganz toll, aber ich muss leider schon auflegen. Wir hören uns.” Piep, piep, piep... Einfach aufgelegt. Aber das mit dem Funkloch nahm ich ihm echt nicht ab.
Zu Hause riss ich die Kühlschranktür auf. Es war mittlerweile gegen 23.00 Uhr und in sieben Stunden müsste ich schon wieder bei G Major bereitstehen. “Scheiße, wo sind die Cracker?”, grummelte ich in mich hinein und schleuderte die Tür wieder zu. Ich hörte, wie Schritte von der Treppe her kamen. Es war Jude. “Hey!”, sagte sie aufmunternd in meine Richtung. Ich hob die Hand und schwieg. “Die Cracker?” Meine Schwester grinste mich an. “Warum suchst du die denn im Kühlschrank, Sadie?” Sie tapste zum Schrank über der Spühle und holte die Crackerschachtel heraus. “Bitte schön.” Ich riss ihr gierig die bereits geöffnete Schachtel in die Hand und stopfte mir gleich welche in den Mund. “Ja, danke.” Jude neigte den Kopf. “Jetzt kannst du's mir doch erzählen, oder?” Ich hörte ihr gar nicht richtig zu. “Hä? Was denn?” Ich war zu sehr mit meinen süßen, leckeren, überaus liebevollen Crackern beschäftigt. “Bist du aufgeregt? Wegen morgen?” Sie stütze sich auf der Tischplatte ab. Ich lehnte mich gegen den Kühlschrank. “Ja, schon. Immerhin hab ich auch einen Großteil mitorganisiert.” “Sicher.” Sie schenkte mir ein nichtssagendes Lächeln. “Aber das meine ich nicht. Was ist los mit dir? Du bist schon seit einiger Zeit so drauf.” Ich konnte ihr wohl kaum ins Gesicht sein, dass ich einfach nur mal Sadie Harrison sein wollte. Nicht “nur” Jude Harrisons Schwester oder das Anhängsel eines Produzenten (ich nenne keine Namen). Allerdings wollte ich ihr auch nicht sagen, dass ich mein Leben so richtig in den Griff kriegen wollte und auch Karriere machen wollte. Jude musste sich da ja keine Sorgen machen – sie hatte ja schon eine. Mittlerweile hatte ich auch ein ziemlich flaues Gefühl bei meinem Versuch als Schauspielerin. Ich meine, so wirklich hat das ja auch nicht gefruchtet. Jude sah mich an, wie es nur eine kleine Schwester konnte. Der “wir-sind-doch-Schwestern-und-teilen-Geheimnisse”-Blick. Murks. Ich fuchtelte mit der Crackerfreien Hand durch die Luft. “Na ja, ich vermisse Darius.” Oh, shit. Aber was Besseres war mir tatsächlich nicht eingefallen. Aber warum denn das? Darius fehlte mir? Eigentlich nicht, stellte ich verdattert fest. “Oh, achso”, nickte meine Schwester folgsam. “Verstehe.” “Echt?” Dieses Mal neigte ich den Kopf. Jude grinste. “Nein. Ich meine, er ist mein Boss.” Ich legte die Cracker beiseite und wusch meine Hände. “Ich weiß. Du verstehst die ganze Sache ja nicht.” Jude schien zu überlegen. “Na ja... du hast ihn irgendwie in einen riesigen, fast kahlköpfigen, netten Teddybären verwandelt.” Ich musste lachen. “Teddy?” Jude nickte beiläufig. “Ja! Wie soll man seine Wandlung sonst beschreiben? Klar, Darius ist hart und professionell, aber er ist netter.” War das das Einzige, was ich war? Jemand, der andere in harmlose Teddybären verwandeln konnte? Ein Talent war das nun wahrlich nicht. Sie schaute mich ungläubig an. “Ist das der einzige Grund, warum du dir nachts irgendwelche Kalorienbomben in den Mund stopfst?” Ich hatte keine Lust ausgerechnet ihr von all meinen Plänen zu erzählen. “Ja, verdammt”, erwiderte ich scharf. Das war's mit der schwesterlichen Atmosphäre. Vorbei mit Geheimnisse teilen. “Ja, schon okay.” Jude lächelte aufmuternd. “Wir sehen uns dann morgen. Danke für deine Mühe wegen der Modenschau. Gute Nacht.” “Nacht.” Ich sah, wie sie die Treppe hinaufging. Tommy holte uns früh ab, sodass wir gemeinsam zu G Major fuhren. Das Geturtel war schrecklich. Immerhin war Darius in London. Und ich hier. Angekommen, stellte ich entnervt fest, dass das absolute Chaos herrschte. Jeder wollte etwas, hatte etwas oder – das Schlimmste – wollte genau das, was der jemand hatte, haben. Ich war dabei, festzustellen, dass der Stappel verfluchter Flyer, die ich gestern eigenhändig sortiert hatte, nicht verteilt worden war, als mir jemand auf die Schulter tippte. “Sadie Harrison, erinnern Sie sich?” Eine glockenhelle Stimme. Oh nein. Ich drehte mich um und zauberte ein Lächeln auf meine Lippen. “Oh, hi!” Ich tat überrascht. Vor mir stand Katie Williams in einem unglaublichen Fummel. Sie sah umwerfend aus. “Schön, Sie wiederzusehen”, flötete sie. Ohne Vorwarnung beugte sie sich vor und küsste mich auf beide Wangen. “Und? Sind Sie schon an das Autogramm gekommen?” Ich hielt mir die Hand vor den Mund. “Oh, es tut mir ja so Leid. Jedoch, wissen Sie, ich hatte zu viel zu tun”, quasselte ich. Vielleicht war ich ja doch keine so schlechte Schauspielerin. “Na, kein Problem. Vielleicht habe ich ja das Glück, Jude heute persönlich über den Weg zu laufen”, quietschte sie und sah sich suchend um. An uns fegten die verschiedensten Leute mit den unterschiedlichsten Aufgaben vorbei. Kein Wunder: Wir standen mittem im Gang. “Entschuldigen Sie bitte, aber es gibt noch einiges zu erledigen, wie Sie sehen.” Ich lächelte entschuldigend. “Selbstverständlich. Bis später!” Sie winkte mir zu und tippelte davon. Vielleicht hatte ich ja das Glück, Katie heute nicht mehr persönlich über den Weg zu laufen.
Mittags war es soweit. Alle Models steckten in ihren Größe 36-Klamotten, waren perfekt geschminkt und sahen wie frisch aus dem Ei gepellt aus. Die Promis mit den großen Stubenfliegen-Brillen hatten in der ersten Reihe Platz genommen. Backstage huschten einige Personen zwar noch aufgeregt hin und her, doch sonst war alles bisher glatt gelaufen. Nun, das Einzige, was nicht ganz so geklappt hatte, war das mit der “Location”. Das war zum Schluss nämlich nur das geliebte G Major Gebäude geworden. Portias sensationelle Begründung: “Ich hatte keine Zeit, etwas anderes zu finden.” Dabei hatte gerade sie ausdrücklich darauf bestanden, sich darum kümmern zu dürfen. Unser gebuchter Moderator, den ich insgeheim auf den Namen Milchbubi wegen seines Schönlings-Aussehen getauft hatte, trat auf die Bühne hinaus und setzte sein schmaliziges Lächeln auf. “Hallo!”, keifte er mit seiner unausstehlich einschleimenden Stimme ins Mikro. Hatten wir da tatsächlich da denn richtigen für diese überaus presentable Aufgabe engagiert? Anscheinend ja, denn das Publikum klatschte begeistert in die Hände. “Hallo an diesem wunderschönen Tag! Willkommen bei G Major! Willkommen zur Modenschau des Jahres: 'Causes For Fashion'!”, johlte der Moderator. Wieder erfreuter Beifall. Nachdem der Applaus der Zuschauer verhallt war, ergriff Milchbubi wieder das Wort und spuckte ins Mikrofon. “Was Sie heute zu bieten bekommen, kriegen Sie, seien Sie sich sicher, nirgendswo anders. Die Top-Designer unseres Landen lassen von den angesagtesten Beauties des Landes ihre überaus schicke neue Modekollektion vorführen. Gesamte zwei Stunden machen wir Sie exklusiv mit den kommenden Trends bekannt. Das bekommen Sie nur bei 'Causes For Fashion'.” Eine perfekt einstudierte Rede mit perfekt einstudierten Klatschpausen. “Höhö.” Milchbubi ließ seine grunzige Lache ertönen. Ich stand mittlerweile und sah einigen Angestellen gelangweilt zu, wie sie die Models positionierten, die gleich auf den Catwalk stiefeln würden, währenddessen der aalglatte Moderator (ich fragte mich, ob er überhaupt schon so etwas wie Bartwuchs hatte) irgendwas über die Mode und den dazugehörenden Designern faseln würde. “Und danach, meine Danen und Herren, erwartet sie eine tolle Performance vom G Major Star Nummer Eins. Jude Harrison wird exklusiv ihre heiße neue Single 'Causes For You' performen!” Eine Welle neuer Euphorie ergriff das Publikum. Bravo. Dann trat Milchbubi einige Schritte beiseite. “Meine Damen und Herren, machen Sie sich nun für die erste Kollektion bereit. Darf ich die Models auf die Bühne bitten!” Mit diesen Worten öffnete sich der Vorhang und die Schönheiten präsentierten unter dem Gequatsche des Moderators die neue Kollektion. “Diese neue Kollektion wird in diesem traditionellen Hause sehr hoch geschätzt. Erleben Sie diese neue Mode. Es ist ein Stern am Modehimmel. Betrachtet man nur die tollen...” Blablabla. Und das geschlagene zwei Stunden! Ich gähnte. Plötzlich wurde meine Aufmerksamkeit von etwas anderem ergriffen. Zwei Stimmen hallten zu mir herüber. “Na und? Mein Auftritt ist doch erst in zwei Stunden.” Das war das Mädchen. “Ich weiß, aber sollte man sich darauf nicht schon einstimmen?” Gekicher. “In wie fern denn?” Konnte man nicht einmal alleine sein? Diese Stimmen kamen ganz klar aus der Garderobe. Dabei war das doch ein geschlossener Raum! Ausschließlich privat. Mit energischen Schritten näherte ich mich dieser Tür im Backstagebereich. Ich riss sie auf. “Könnt ihr euch nicht woanders rumtreiben?” Ich schlug überrascht die Hand vor den Mund. Scham, Wut und Verlegenheit. Drei Dinge, die mir man wohl in diesem Moment ansah. Mit edlen Sachen gefüllt war die Garderobe. Dazwischen hockten Jude und Tommy auf dem Boden. Ich rang mich zu einem primitiven Lachen durch. Höhö. Ich klang schon wie Milchbubi! Schrecklich! “Entschuldigt, ihr Beiden, ich wusste nicht, dass ihr hier seid...” Jude rappelte sich hoch, sah erst Tommy, dann mich an. “Ach, ist doch egal.” Sie schnappte sich ihre Jacke und ergriff Tommys Hand. “Wir sehen uns später, Sadie.” Sie zogen einfach an mir vorbei. Toll.
Eineinhalb Stunden später saß ich zusammen mit meiner Crackertüte, die ich für Notfälle mitgenommen hatte, in einer Ecke und fraß mich mit diesen tröstenden Teilen voll. Auf einmal tauchte Katie vor mir auf. Sie trug ganz eindeutig eine Kreation, die ich mir niemals leisten könnte. Langsam füllte sich der Backstagebereich mit Models, Managern, Stylisten und anderen Beteiligten. Ich führte gerade tristen Smalltalk mit Jude-Fan-Model Katie, als meine Schwester zusammen mit Tommy an der anderen Ecke des Raumes diagonal von mir auftauchte. “...tja, und so kam es, dass unsere liebe Nancy es mir nahe legte, doch bei dieser grandiosen Modenschau mitzuwirken”, strahlte Katie mich an. Ihr Raum schweifte, vermutlich auf der Suche nach einiger ihrer ebenfalls strahlenden Kolleginnen, durch den Raum. Dann blieb er an Tommy und Jude hängen. Sie schlang die Arme um ihn und ihre Lippen berührten sich zum bestimmt dreihundertachtundzwanzigsten Mal an diesem Tag. Ich verdrehte nur die Augen, doch Katies Reaktion fiel um einiges spektakulärer aus. Erst weiteten sich ihre Augen, dann begann erstaunlicher Weise ihre Lippen zu zittern. Erst die Unter, dann die Oberlippe. Sie schlang augenblicklich die Arme um den Oberkörper und warf mir einen entsetzten Blick zu. “Ist... das da... etwa... Jude Harrison... gemeinsam... mit Tom Quincy... der Tom Quincy, der mich auf so einer beschissener Party angemacht hat...?”, stammelte sie sich entsetzt vor sich hin. Meine Güte, da hatte jemand sich wohl wirklich Hoffnungen gemacht, die nicht zu erfüllen waren. Dazu kam auch noch, dass das Teilzeitmodel ein begeisterter Fan von Jude war. “Oh, warum?” Mit einem Schlag zitterte Katie am ganzen Körper. Einiger ihrer Manager stürmten auf sie zu. “Was ist los?” - “Ein Zusammenbruch?” Katie wimmerte umgehend weiter und krachte in sich zusammen. Mein Gott, da hatte jemand sich also noch mehr Hoffnungen gemacht. Für eine Sekunde empfand ich sogar Mitleid für sie. Portia hastete auf mich zu. “Oh! Mein! Gott!” Sie konnte ihren Blick gar nicht von Katie abwenden. “Sie trägt die Kreation, die zum Schluss vorgeführt werden sollte! Das Highlight!”, rief sie entrüstet. Ich war einfach nur restlos überfordert. Und das Dümmste an der ganzen Situation war, dass ich wie ein hilfloser Welpe einfach nur in dieser verdammten Ecke kauerte. Und mit mir eine überflüssige Tüte voller Cracker. In dem ganzen Trubel ging die “Katie-Williams-fällt-um”-Aktion beinahe unter, jedoch nicht Portias kontrolliertes Gekeife. “Oooooo-kay! Ist irgendein Model hier frei? Wir brauchen irgendein Mädchen, dass das Highlight präsentiert! Schnell!” Ich bekam nur mit, wie sich ein Raunen im Raum ausweitete und die Manager – oder Bodyguards oder was auch immer – Katie irgendwo hierraus manövrierten. Einige Minuten später hatte sich alles wieder etwas beruhigt. Doch ich sah das personifizierte Unheil in Form von Portia direkt auf mich, dem nichtstuenden, gelangweilten Cracker-Junkie, der in der Ecke lungerte, zu eilen. “Sadie!” Ich dachte, sie würde beinahe meinen wohlklingenden Namen kreischen. Portia trug die Kreation, die sich noch vor einigen Momenten an Katies wohlgeformten Körper befunden hatte, bei sich. “Was hast du vor?”, brachte ich hervor und presste meine Crackertüte gegen mich. Portia sah mich außer Atem und hilfesuchend an. “Es gibt niemanden hier, der gerade frei ist und so gut aussieht wie du. Bitte, nimm das Teil, zieh es an, geh da nach draußen, rette die Show und zieh es durch!” Okay, da war zwar ein Kompliment (“Es gibt gerade niemanden hier, der so gut aussieht wie du.”) dabei, aber es waren trotzdem einige Anweisungen zu viel für mich. Ich lachte nur hysterisch auf. Höhö. Klang schon wieder fast wie der Milchbubi. Das konnte unmöglich ihr Ernst sein! “Oooh, nein! Vergiss es. Ich kann sowas nicht. Ich bin doch kein Model.” Die letzte Rettung war in diesem Moment ein Cracker, der in meinem Mund zerging. “Sadie, es gibt niemanden anderen, der diese Aufgabe übernehmen könnte.” Portia versuchte wirklich weiterhin, mich zu überreden. “Außerdem denk dran: Es ist unsere Show, unser Baby!” Und ich sollte das Baby schaukeln? Ich stopfte mir lieber noch einen Cracker in den Mund und blieb sitzen. Auf einmal lief Portia an. “Verdammt, Sadie, beweg deinen Arsch und zieh dieses verdammt teure Teil an!” Wie vom Donner gerührt streckte ich ihr die Crackertüte entgegen und schnappte mir den Stofffetzen. Ich stand in einer dieser Schnell-Umzieh-Kabinen. Gegenüber von mir hing ein großer Spiegel und zeigte mir diese Blondine, die diesen extrem wertvollen Fummel trug. Ohne Anmeldung quetschte plötzlich Portia herein. “Hu, sieht doch gut aus. Du musst gleich raus.” Unsicher betra
Jack: "Ich hab einen Kompass, der nicht nach Norden zeigt." James: "Was in diesem Fall kaputt heißt." Jack: "Er ist nicht kaputt. Er ist eben... anders."
Jamie: It's like we died and woke up in a Snoop Dogg video.
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Unsicher betrachtete ich mich. “Was soll diese 'Kreation' eigentlich darstellen?” Sie war überfragt. “Es ist ... eine Kreation.” Geile Erklärung. Bauchfrei, seltsam türkis, extrem knapp und dazu langärmig und Schulterpolster. “Was soll das sein? 'Ne Retro-Kreation? Achtziger?” Halb verzweifelt schaute ich auf diese Polster. “An Katie sah das toll aus.” “An dir auch. Mensch, Sadie, du musst das hinkriegen”, bestärkte Portia das. “Komm, wir gehen raus. Schau einfach nicht in die Menge. Das wird schon.” Ich kniff die Augen zusammen. “Hoffentlich ...”
Nur wenige Minuten, nachdem acht Stylisten mich abgepudert und durchfrisiert hatten, später klopfte mein Herz mir bis zum Hals. Ich glaubte, es sprünge gleich aus meiner Brust. Milchbubis Stimme erklang. “Und nun kommt der Höhepunkt der gesamten Show. Ein Applaus für den neuesten Trend aus Japan!” Aus Japan? Sollte das diese lächerliche Herstellensweise dieses “Kleidungsstücks” erklären? Mein Herz pochte. Und dann öffnete sich der Vorhang. Ein Sprecher rannte schnell zum Moderator, um ihm die Änderung des Models mitzuteilen. Den Namen kannte er nicht. “Betrachten Sie nun die Kreation 'Japanstyle', präsentiert von Miss Sadie Harrison!”, kündigte Milchbubi mich an. Scheiße. Alle starrten mich an. Egal. Ich musste das irgendwie durchziehen. Irgendwelche französische Musik blubberte aus den Lautsprechern und ich begann, mich zu bewegen. Im Takt der Musik schlenderte ich so gelassen wie möglich über den Laufsteg, warf dem Publikum hier und da ein Lächeln zu. In der Kommentierung des Moderators klang das um einiges traumhafter: “Sehen Sie sich diese ausgefallenen Details an, die unser Model zeigt. Schauen Sie, wie 'Japanstyle' jeden dazu verleitet, über den Catwalk zu schweben. Wie sie gleitet, wie graziös! Dieses verspielte Lächeln.” Verspieltes Lächeln? Wie graziöses Gleiten und süße Details aussehen, sollte man dem Schwiegersöhnchen mal zeigen, dachte ich. Am Liebsten wär ich quer über den Laufsteg, der seltsamer Weise immer länger wurde, gerannt und hätte ihm den dürren Hals umgedreht. Er hätte nun wirklich bessere Worte für meinen ungeübten Gang finden können. Welche, die ihn mehr beschrieben wie watschelig, abartig. Zum Beispiel. Andererseits: Ich war auf dem Catwalk. Als Model. Allein. Und war das nicht genau das, was ich wollte? Im Rampenlicht sein? Aufmerksamkeit erregen? Eine Karriere? Nun gut, von einer Laufbahn als Model konnte ich nicht gerade reden. Aber es war mein Auftritt – wenn auch als Aushilfemodel durch Katie Williams' Entfall. Ich legte am Ende des Laufstegs eine für mich ideale Drehung hin, legte die Hand auf die Hüfte und schlenderte unter der lobenden Kommentierung des Moderators zurück. Wenn Darius das gesehen hätte! Er wäre dahingeschmolzen. Aber eins wusste ich wirklich: Meine Cracker-Tage waren gezählt! Meine Unsicherheit war völlig verschwunden. Die trendigen Designer kamen auf die Bühne und wie es üblich war, schritt ich mit dem Hauptakteur noch einmal unter dem begeisterten Beifall der Zuschauer über den Laufsteg. Nach meinem ungeplanten Auftritt fühlte ich mich unglaublich und vergaß sogar vorrübergehend, dass Jude gerade ihre Performance unter tosenden Applaus absolvierte. Portia fiel mir backstage ihn die Arme. “Wow, du sahst aus wie ein gottverdammtes Supermodel!” Sie war mindestens so erleichtert wie ich. Dann stand Nancy Bell, die Chefin der “VIP Dreams”-Modelagentur, vor mir. Sie strahle mich über ihre hohen Wangenknochen hinweg an. “Wie wundervoll, wie wundervoll!”, tönte sie. “Ich konnte gar nicht glauben, als ich gerade hörten, dass Sie ein Amateurmodel sind. Sie boten gerade den krönenden Abschluss dieser fabulösen Show, meine Liebe!” Ich lächelte zuvorkommend. “Vielen Dank.” “Oh, das war sowas von grandios. Keine falsche Bescheidenheit, Sadie.” Sie grinste mich immer noch wie ein Honigkuchenpferd an. Ich hatte vor, mich nicht weiter mit Nancy Bell zu unterhalten. “Sagen Sie, wie geht es denn Katie?” Die Agenturchefin verzog das Gesicht. “Katie, meine Güte. Dass sie uns alle einfach so hängen lässt, hätte ich nicht gedacht.” Ich fand, dass sie ziemlich hart reagierte. “Nun ja, sie ist eben umgekippt.” “Ja, so sind die Tatsachen des heutigen Tages, Liebes. Nun, sie hält sich jetzt im Hospital auf.” Nancy schien sehr enttäuscht. “Mir wurde gesagt, Sie wären in Katies Nähe gewesen, als das passierte. Was war denn mit ihr los? War sie beschwipst?” “Nein, keinesfalls.” Ich überlegte. Ich konnte ihr wohl kaum die Wahrheit sagen. “Ich weiß nicht, was los war. Sie schien einfach etwas gestresst zu sein.” “Gut, Schätzchen. Man sieht sich.” Sie warf mir ein Luftküsschen zu und weg war sie. Ich lächelte in mich hinein. Da hielt mir jemand ein Glas Champus unter die Nase. “Fein gemacht, Miss Sadie Harrison.” Ich erkannte diese Stimme sofort. Vor mir stand Tommy Quincy. Ich lächelte ihn breit an. “Danke schön”, sagte ich bekennend. Er stieß mit mir an. “Auf dich.” Ich trank meinen Schluck und hielt dann inne. “Jude tritt doch gerade auf.” Er nickte. “Willst du deiner Angebetenden nicht zuschauen – wie immer?” Ich nippte an meinem Glas. Wie es mir heute schmeckte! Um es mit Nancys Worten auszudrücken: fabulös. Ich befand mich auf einem kleinen Höhenflug. “Ich weiß, dass sie das ausgezeichnet macht”, entgegnete er nur. Typisch. Ich umklammerte mein Glas. “Katie ist umgekippt. Wegen dir.” Er zog eine Braue hoch. “Das musst du mir genauer erklären.” Ich grinste. “Gerne.” Bevor ich weiter ausführen könnte, erhob Tommy ein weiteres Mal sein Glas. “Mann, wenn Darius dich gerade gesehen hätte. Er hätte dich wohl heute heiraten wollen. Du sahst echt toll aus.” Ich musste lachen. “Das aus deinem Mund? Pass auf, dass deine kleine Prinzessin das nicht hört.” Partylaune macht aus manchen Menschen ja bekanntlich andere Menschen. “Auf dich!”, jaulte ich und stieß ein weiteres Mal mit dem Produzent an. Tommy sah mich an. “Wirklich, wenn Darius dich gesehen hätte ...” “Darius”, schnaufte ich. Scheiße, wer war Darius, wenn Tommy vor mir stand? “Was ist denn?” Tommy musterte mich nachdenklich. Ich zog die Nase kraus. “Wegen Darius und mir?” Er nickte knapp. “Der Idiot hat mir erzählt, dass er satte drei Tage in 'nem Funkloch gesteckt hat. Ich hab ja schon viel Unsinn gehört... aber das... das ist Schwachsinn.” Ich war wieder down. Warum taten das eigentlich alle mit mir? Tommy stieß mich kumpelhaft in die Seite. “Guck doch nicht so traurig.” “Nee, wirklich. Alle Typen glauben, sie können mich hinhalten, ersetzten” – ich warf ihm einen vielsagenden Blick zu – “und versetzten.” Tommy nahm einen Schluck. “Was erzählst du denn? Das bildest du dir doch nur ein.” “Ach ja?” Ich konnte endgültig nicht mehr lächeln. “Und warum hast du dann auch sowas mit mir abgezogen? Ich hab's mal wieder auf mich sitzen lassen. Und jetzt bist du mit meiner Schwester zusammen.” “Das... das war doch was ganz anderes.” Ja, er wusste nur nicht, was er sagen sollte. Und das sah ich ihm auch an. “Vergiss es. Du willst nett sein, stimmt's?” Ich schlug ihm auf die Schulter. “Nett von dir, Tommy.” Er nickte mir amüsiert zu. “Du wirst schon glücklich, Sadie. Du hast es verdient.” “Toller Spruch.” Ich winkte ab. “Katie ist ja so in dich verliebt. Als sie dich gesehen hat, wie du mit ihrem Lieblingsrockstar Jude geknutscht hat, ist sie echt aus den Latschen gekippt.” Das war's dann auch mit seinem freudigen Lächeln. “Wirklich?” Bekräftigend nickte ich. “Wirklich! Aber du wirst schon glücklich, Tommy. Du hast es verdient.” Judes Song verklang auf einmal. Das Publikum tobte. Tommy sah mich etwas verwundert an. “Alles klar, Sadie.” Er verschwand. Was meinte er damit? Was hatte ich denn nur gesagt, dass er einfach so ging? Ich kippte so viel Champagner in mich hinein wie schon lange nicht mehr. Ab und zu sah ich auf der Aftershowparty bekannte Gesichter wie Judes, Portias – oder auch Tommys. Aber er sah mich nicht direkt an. Als ich auf die Damentoilette verschwand, war es bereits 23.17 Uhr. Ich dachte daran, wie ich vor 24 Stunden Cracker gefressen und versucht hatte, ein Gespräch mit Jude zu führen. Ich hörte, wie die Tür zum Frauenklo geöffnet wurde. “Sadie?” Jude war mir gefolgt. Ich kam aus meiner Klokabine. “Hey. Toller Auftritt.” “Danke. Aber du warst ja wohl heute der Star. Wie du da lang gegangen bist, war Wahnsinn!” Sie lächelte mich tapfer an. “Danke sehr.” Ich wusch mir die Hände und wusste genau, dass Jude doch immer der Star war. “Na, komm, gehen wir raus.”
Ich wusste nur noch, dass ich sehr, sehr viel getanzt hatte und noch mehr getrunken hatte. Ich war total zu, als ich aus dem Eingang zu G Major taumelte. Bewaffnet war ich immerhin noch mit einem Glas Sekt. Die laute Musik dröhnte nach draußen. Verdammt, ich brauchte frische Luft, die ich in meine Lungen pumpen konnte. Und wie das Schicksal spielte, stand draußen Tommy und starrte in die dunkle Nacht. “Hey.” Ich stellte mich neben ihn, ohne ihn anzusehen. “Es tut mir Leid, was ich vorhin gesagt habe. Was es auch immer war.” “Du hältst mich wahrscheinlich für den letzten Idioten. Aber ich bin dir echt dankbar, dass du mir wegen der Sache mit Katie geholfen hast. Sonst wär ich aufgeschmissen gewesen.” Tommy wusste ganz genau, was er sagte. Ich räusperte mich. “Ich halte dich nicht für den letzten Idioten.” “Nein?” Überraschung! “Nein, nur für einen von vielen.” Ich musste leise lachen. Tommy zuckte mit den Schultern. “Ich wollte nicht, dass das mal so zwischen uns aussieht.” “Wie sieht's denn aus?” Ich wusste immer noch nicht, worauf er hinauswollte. Ich wusste eigentlich überhaupt nichts mehr. Er atmete hörbar aus. “Ich meine, wir hatten doch eine schöne Zeit. Aber jetzt ist es merkwürdig, obwohl das ja nicht sein muss.” Ich nahm einen gehörigen Schluck. “Ich weiß.” Wir standen eine Zeit da und senierten unsinniger Weise über die schon lange eingebrochene Dämmerung. Ich atmete die frische Nachtluft ein. “Nie-niemand ist ein Idiot. Wir sind doch alle eine große, tolle Familie.” Ich lachte über meine eigene lahme Bemerkung. “So ist es doch, oder?” Tommy nickte geistesabwesend. “Auf jeden Fall.” Ich hob mein Glas in die Dunkelheit empor. “Obwohl – warum sind wir nicht alle zusammen ein einziger, großer Idiotenhaufen? Manno Mann, dann wäre alles soooo einfach. Man könnte jeden beschimpfen oder auch mögen.” Wenn ich zu dieser Zeit, als diese Wörter aus meinem Mund plumpsten, geahnt hätte, wie ich es später bereuen würde, hätte ich wohl das Sektglas über meinen Kopf zerdeppert, so dass ich umgefallen wäre. Leider tat ich das nicht. “Ich denke, du hast etwas zu viel getrunken.” Das hatte Tommy schon lange festgestellt. Ich schwang das Glas durch die Luft. “Ja, alle haben mir immer nachgeschenkt. Das sind so nette Menschen dadrinnen. Kennst du die alle?” Ich schwankte etwas nach links. “Am Besten wir gehen wieder rein, holen deine Jacke und fahren dann mit Jude nach Hause”, schlug Tommy vor und drehte sich um. Ich hob den freien Zeigefinger. “Ja, wo wollen wir denn hin? Da rein?” Ich machte eine weit ausholende Handbewegeung. “Okay, Boss!” Beschwerlich stapfte ich ihm hinterher. Tommy hielt mir die Tür auf. “Wie fühlst du dich? Halbwegs in Ordnung?” “Wuuuuunderbar.” Ich legte den Kopf schief. “Du wartest hier. Ich hol Jude und bin gleich wieder da.” Ich machte einen Schmollmund. “Warum denn Jude?” Tommy hielt warnend eine Hand hoch. Der Lärm von drinnen hallte zu mir herüber. “Sadie, warte einfach hier.” Ich fuhr mir durchs Haar. “Bleib du doch bei mir.” “Warte einfach.” Tommy verschwand im Gebäude, um Jude aufzutreiben. “Warte doch mal, Idiot!”, raunzte ich und merkte nur noch, wie ich über meine eigenen Beine stolperte und das Glas mir aus der Hand rutschte. Es war eben nicht über meinem Kopf zerdeppert.
Mit höllischen Kopfschmerzen wachte ich auf und blinzelte. Wo war ich? Die Antwort streckte sich mir entgegen. Jude hockte auf der Bettkante und hielt mir hilfsbereit ein Glas Wasser hin. “Gut geschlafen?” Ich setzte mich in meinem eigenen Bett auf. “Nein.” Ich trank einen Schluck und sah sie dann perplex an. “Was-ist-passiert?” Jude grinste. “Absturz.” Ich hielt mir mit einer Hand den Kopf. “Hä? Was Absturz?” “Du hattest einen, Sadie.” Sie nahm mir das Glas aus der Hand. “Ich war drinnen und Tommy hat nach mir gesucht. Er meinte, du hättest nur dummes Zeug von dir gegeben und dass wir lieber nach Hause fahren sollten. Draußen lagst du dann und wir sind gefahren.” “Ich lag draußen?” Ich starrte Jude ungeniert an. Sie zuckte mit den Achseln. “Ja, Sadie. Hast wohl etwas übertrieben.” Ich schloss für einen Moment die Augen. “Weißt du, was ich zu Tommy gesagt habe?” Sie schüttelte den Kopf. “Du, keine Ahnung. Er hat nichts weiteres gesagt.” “Aber ich hab deinen Song gehört.” Mein Kopf dröhnte. “War super.” Jude stand grienend auf. “Schlaf noch ein bisschen. Vielleicht geht's dir dann besser.” Gegen Mittag schaute Dad bei uns vorbei. Als er mich sah, huschte ein Grinsen über sein Gesicht. “Na, was hast du denn gemacht?” “Model gespielt.” Ich rollte mich auf die Seite. Dad schob sich durch die Tür. “Model?”, wiederholte er verdattert. Ich drückte mein Gesicht ins Kissen. “Ich will nicht darüber reden, Dad”, brummte ich. Er nickte. “Du sollst dich nicht wundern, Sadie. Jude ist gerade zu G Major gefahren. Sie hat irgendwas von einer 'super coolen Songidee' gesagt.” Ich musste grinsen, als Dad versuchte, Jude tonmäßig 'super cool' zu zitieren. “Sie ist doch aber nicht wirklich gefahren?” Dad legte seine Stirn in Falten. “Nein. Er hat sie natürlich abgeholt.” Tja, da kam er wieder durch: Der Vater, der seine Jüngste wohl nicht gehen lassen wollte. Und schon gar nicht in die Arme des Ex-Freundes seiner Ältesten. Meiner Meinung nach absolut verständlich. Seitdem Tommy Judes endgültiger Freund war, holte er sie meistens ab und sie fuhren zusammen zum Studio. Meistens nahmen sie mich gleich mit zu G Major. Seitdem ich mit Darius zusammen war, erledigte ich viele Sachen bei der Plattenfirma. Ich war so eine Art “Mädchen für Alles”. Also für fast alles. Meistens griff ich Portia unter die Arme. Ich ließ von dem eh schon gequälten Kissen ab. “Du sprichst also immer noch so von ihm”, stellte ich leicht amüsiert fest. “Ja, das tue ich”, gab Dad offenherzig zu und begab sich zur Tür. “Ich versuche immer noch an Judes Verstand zu appelieren. Wie es aussieht, erfolglos. Dabei ist Tom doch viel zu alt für sie.” Ich wälzte mich in die andere Richtung. “War er das nicht auch für mich?” “Sadie, der Altersunterschied war nicht so groß wie bei Jude”, meinte er rechthaberisch. Ich gähnte. “Komisch, dass Jude jetzt sogar am Sonntag arbeitet.” Dad machte eine wegwerfende Handbewegeung. “Ach, Tommy macht's möglich.” Ich grinste. “Jetzt werd mal nicht eifersüchtig.” “Steh du mal lieber auf.” Er schloss die Tür hinter sich. Ich streckte mich. “Bin schon dabei!”
Ja, ich wollte meiner neugewonnen Liebe für die Cracker abschwören. Aber ich tat es im Endeffekt doch nicht. Ich war seit ungefähr drei Stunden auf den Beinen, als meine Mutter völlig unangemdelt vorbei kam. Den durchgestriegelten Don hatte sie zu meinem Leid nicht daheim gelassen. Ich riss also eine neue Tüte auf und griff mir einen Cracker. “Was gibt's denn, Mum?” Sie setzte sich an den Küchentisch. “Gleich, gleich, Sadie. Wo ist denn Jude?”, wundete sie sich. “Es ist doch Sonntagnachmittag.” Don tat es ihr nach und ließ sich schweigend auf einem Stuhl nieder. Ich lehnte mich wie Freitagnacht gegen den Kühlschrank, auch wenn meine süßen Cracker-Freunde sich immer noch im Schrank befanden hatte. “Arbeiten”, brachte ich hervor und mampfte froh weiter. Mum hielt mir einen Vortrag über angemessene Arbeitszeiten für musizierende Minderjährige. Mit dem Gedanken, dass sie gleich wieder mit der Frage “Wo ist denn Jude?” hergekommen war und jetzt schon wieder über sie sprach und dass auch weiterhin tun würde, warf ich einen Blick aus dem Fenster seitlich von mir und konzentrierte mich auf den Genuss in meinem Mund. Mit jedem Bissen wurden diese Cracker schmackhafter. Warum hatte Darius eigentlich heute nicht mal angerufen? Immerhin hatte er sich nach der Modenschau erkundigen wollen. Tja, er steckte wohl mal wieder in einem Funkloch. Oder in einer anderen. Diese Show zogen ja alle Kerle mit mir ab. Dieser Gedanke plagte mich tatsächlich. Tommys Viper hielt vor unserem Haus. Die Turteltauben hatten also mal früher Schluss gemacht. Mir blieb fast einer der Cracker im Hals stecken, als ich immer noch durchs Fenster starrte und sah, wie Jude und Tommy sich wild küssten und lachend zu unserem Haus stolperten. Ach du heiliger Bimbam! Sie dachten wohl, ich würde noch schlafen und sie wären ungestört. Ich hatte ja ehrlich gesagt auch nicht damit gerechnet, dass Mum plus Göttergatte hier aufkreuzen würden. Wenn meine Schwester und Tommy jetzt hier knutschend auftauchen würden, müsste Mum wohl mit einem Anfall á la Model Katie Williams hier umkippen und von ihrem Ehemann rausgetragen werden. Einen Vorteil hätte es ja: Don wäre weg für heute. Aber ich musste strategisch vorgehen, nahm ich mir vor. “Mum, Don, wollt ihr nicht mal kurz nach oben gehen?” Ich spähte noch einmal kurz durchs Fenster. Sie näherten sich der Tür. Ich lächelte Don sowie Mum, die beide sehr unentspannt und erstaunt dreinblickten, so breit wie möglich an. “Da ist eine Überraschung für euch!”, rief ich plötzlich aus. Die Beiden schauten noch verwirrter. Ich legte meine Crackertüte beiseite. “Ein nachträgliches Geschenk von Jude und mir zur Hochzeit.” “Oh, Sadie!” Meine Mutter war entzückt, schnappte sich Dons Hand und machte sich auf den Weg nach oben. Kaum konnte ich sie nicht mehr am Treppenansatz sehen, ging die Haustür auf und ich erblickte in dem Jude-Tommy-Wirrwarr-Körper nur die Haare meiner Schwester. “Auseinander!”, zischte ich argwöhnisch. Tommy und Jude lösten sich voneinander. “Was ist denn los, Sadie?”, fauchte Jude mich an. “Mum und Don sind hier”, erklärte ich kurzatmig. “Ich hab euch grad noch gesehen und hab ihnen erzählt, wir hätten oben ein nachträgliches Hochzeitgeschenk für sie.” Sie machte große Augen. “Oben?” “Ja.” Hilflos sah ich sie an. “Ähm, Sadie, wo ist denn das Geschenk?”, kam es von oben. Mums Füße erschienen bereits oben auf der Treppe. Sie schaute noch zerstreuter. Ich schaute Jude an. Sie schaute mich an. Sie sah Tommy an. Ich sah ihn an. Wir hatten alle wohl ein Gedanke: Mist! “Weißt du, das ist so: Wir wollten es heute Vormittag hierher bringen, aber haben das nicht mehr geschafft”, sagte Jude überfordert. “Wo kommt ihr denn hier her?” Mum sah Tommy und Jude an. Ich klatschte in die Hände, was ihre Aufmerksamkeit vorerst auf mich lenkte. “Mum, das ist die Überraschung! Tommy hat die Überraschung quasi gleich mitgebracht.” Mums Blick wurde katastrophal. “Er hat die Überraschung mitgebracht? Er hat Jude mitgebracht.” Tommy schaute in die Runde, als wäre ihm ein Lastwagen übers Gesicht gefahren. Jude lächelte halbwegs gerade. Nun stieß auch noch überflüssiger Weise mein eh schon überflüssiger Stiefvater zu uns, der von der Treppe kam. “Ich habe auch nichts entdeckt, Vicky”, teilte er seiner Frau mit. Vicky! Seit wann wurde meine Mutter Vicky genannt?! Ich klatschte ein weiteres Mal begeistert in die Hände. “Ja, die Überraschung ist draußen. Ich habe euch nur nach oben geschickt, damit Tommy und Jude die Überraschung holen konnten”, sagte ich. Oh Gott, was redete ich da eigentlich? Diese Frage stellte mir auch Judes Gesicht. Mum schlussfolgerte nicht so schnell. “Jude ist nicht die Überraschung?” “Natürlich nicht”, lächelte diese ganz brav. “Draußen, Mum!” Mit einem erwartungsvollen Lächeln in Richtung Tür spazierte meine Mutter zu dieser und öffnete sie. Was hatte sie erwartet? Eine Geschenkbox? “Ja, und wo?” Ihr Blick streifte erst Jude, dann mich. Don schaute ratlos drein. Ein Geschenk. Erst oben, dann draußen. Ich hatte nur ein Gedanke. “Jaah, dann geh doch mal auf die Straße.” Frohlockend ging meine Mutter zusammen mit Don auf die Straße. Meine Schwester, Tommy und ich folgten ihr. Jude zischte mir ein “Was machen wir denn jetzt?” zu. Gute Frage. Sehr gute Frage. Auf einmal erblickte Mum Tommys Wagen. “Nein, Kinder!” Sie schlug überaus glücklich die Hand vors Gesicht. “Das könnt ihr doch nicht machen! So ein wunderschöner Wagen!” Don nickte anerkennend. Ich sah entschuldigend zu Tommy. Sein Gesicht sagte alles: Erschrockenheit und vor allem “MEIN AUTO!!!” Männer und ihre Autos. Ich hatte auch nicht vor, ihm seine geliebte Viper wegzunehmen. Mum und Don nahmen Tommys “wunderschönen Wagen” immer noch in Augenschein, als Jude den rettenden Einfall hatte. “Mum, wir schenken dir – ich meine euch, nicht den Wagen, sondern...” Sie warf einen Blick auf den Beifahrersitz, auf dem eine alte CD lag. Jude hob sie auf. “Die hier!” Auf Mums Gesicht zeichnete sich unwillkürlich etwas Undefinierbares ab. Enttäuschung über die eigenen Töchter? Verlegenheit? Was sich auf Tommys Gesicht abspielte, war allerdings ganz klar: Erleichterung, Freude. Er lächelte mich gerettet an. Mum umarmte Jude. “Wie toll! Woher wusstet ihr, dass meine CD davon kaputt ist?” Nun schloss sie auch mich in die Arme. Ich traute meinen Augen nicht. “Ein Album von N*Sync?” Tommy verkniff sich angestrengt das Lachen. “Was für ein auserwähltes Present.” Jude grinste hinter Dons Rücken, der nicht wusste, was er sagen sollte. War auch besser so. Er sollte bloß den Mund halten. Mum betrachtete voller Wehmut das Cover der alten Boygroup Platte. “Ach, ihr Beiden wisst wohl, wie gut ich zu diesen Liedern entspannen kann. Aber auch beim Putzen gibt einem diese Musik den richtigen... Groove!” Ich war überwältigt vor Bedusselheit. Tommy grinste und Jude kam aus dem zustimmenden Nicken gar nicht mehr raus. Mum knuffte mich in die Seite. “Ihr wisst ja, wie niedlich ich den Justin finde.” Ich lächelte leicht überfordert. “Den Justin? Ähm, klar.” “Sadie, Jude, danke schön!” Mum gab Don einen Kuss. Der war sprachlos. “So, tut mir Leid, ich glaube, wir müssen dann auch schon wieder.” “Kein Problem.” Jude nickte grienend. Nur einige Meter weiter stand Dons Pick Up. “Wir sehen uns, meine Lieben”, verabschiedete meine Mutter sich. Als Don die Tür zuschlug, hörten wir noch, wie er iritierrt fragte: “Du findest Justin Timberlake niedlich, Vicky?” Da war mir auch das “Vicky” egal. Die Frage allein war genug.
Tommy blickte mich undefinierbar an. “Du hättest grad fast mein Auto verhöckert, Sadie.” Ich grinste. “Aber ja nur fast! Mich würde mal eher interessieren, was diese N*Sync CD in deinem Auto zu suchen hatte.” Jude musste lachen. “Wir waren im Lager von G Major. Und ich kann dir sagen, da gibt es echt alle Arten von CD. Ich hab da dann die N*Sync LP gefunden und mitgenommen.” Wir gingen ins Haus und ließen uns im Wohnzimmer nieder. Aus dem Grinsen kamen wir nicht mehr heraus. Es war auch zu bescheuert: Eine N*Sync CD als nachträgliches Hochzeitsgeschenk! “Tommy, du hättest dein Gesicht sehen müssen, als Mum dachte, dein Auto gehöre jetzt ihr.” Ich schnappte mir zufrieden meine Crackertüte und bediente mich. Er grinste zurück. “Das ist kein Spaß.” Jude, die mir gegenüber mit ihm zusammen auf dem Sofa saß, rückte näher zu Tommy. “Du hast mich vor 'nem mütterlichen Vortrag gerettet, nehm ich an?” Ich nickte. “Ja.” “Danke.” Jude blinzelte Tommy an. “Müssen wir eigentlich den neuen Track morgen noch einmal aufnehmen?” Sie begannen ein fachmännisches Gespräch, bei dem ich natürlich nicht mitreden konnte. Mum hätte sich wahrscheinlich mal wieder über Tommy und Judes Verhalten aufgeregt. Immerhin waren ihre beiden Töchter jetzt vergeben. Als ich mit Darius zusammen kam, war sie ziemlich baff. Der Altersunterschied war ja noch größer als der zwischen Jude und Tommy. Mittlerweile hatten Dad und Mum aufgehört, mich mit diesem Thema zu nerven was Darius betraf. Mist, meine Crackertüte war leer. Ich warf sie in den Mülleimer und warf einen Blick zu den Immer-Frischverliebten, die eng beieinander auf der Couch saßen. Wollten sie jetzt das weiterführen, bei dem ich und Mum sie unterbrochen hatten, als sie hier her kamen? Bitte, sollte das Traumpaar doch machen, was es nicht lassen konnte. Ich war doch schließlich auch verliebt. Und glücklich. Und zufrieden. Basta! Zumindest hatte ich beschlossen, dass mit der Schauspielerei erst einmal auf sich beruhen zu lassen. Aber wen interessierten schon in meinem Umfeld meine Zukunftspläne? Ich nagte behaarlich an meiner Unterlippe und setzte mich zurück in den Sessel, ohne Tommy und meine Schwester zu beachten. Jude warf Tommy einen vielsagenden Blick zu. “Hast du ein bisschen geschlafen? Geht's dir etwas besser?”, sprach sie mich sanft an. Ich lächelte zurückhaltend. “Ja.” Dann sah ich Tommy an. “Tut mir Leid, was ich da gestern alles gesagt und gemacht habe. Hab ich denn irgendwas Bestimmtes gesagt?” “Nein.” Er zuckte mit den Schultern und wandte sich dann seiner Freundin zu. “Jude, gehen wir?” Sie lächelte hinreißend. “Okay.” Wir verabschiedeten uns und schon waren sie weg – und ich allein. Aufgrund meiner eintretenden Langeweile versuchte ich, Darius zu erreichen. Ohne Erfolg.
Der Montag war ein langatmiger Tag. Ich fragte mich, ob er überhaupt zu Ende gehen würde. Ich erledigte einige kleine Sachen bei G Major und erhielt einen Anruf von Katie Williams, die sich für ihren Zusammenbruch entschuldigte. Es sah nicht so aus, als würde sie sich freuen, dass ich für sie zwangeshalber über den Catwalk gelaufen war. Sie fragte nicht mal mehr nach einem Autogramm von Jude. Ich saß mittags alleine mit meinem Kaffee in Darius' Büro, als Portia herein geschneit kam. Sie hatte sich selbst übertroffenen mit übertriebenden Dankesreden, beinahe Hymnen, auf meinen “alles rettenden” Auftritt am Samstag als Model. Ich sei ja so “talentiert”. Sie meinte, wenn sogar eine Expertin wie “VIP-Dreams”-Chefin Nancy Bell, die immerhin seit Jahren eine renommierte Modelagentur leitete, meinen Auftritt als “wunderbar” für ein Amateurmodel, das noch nie zuvor gelaufen war, einschätzen würde, müsste ich ja von Natur aus begabt sein. Ich – das Modelnaturtalent? Darüber hatte ich noch nicht nach gedacht. Portia legte einen dicken Briefumschlag auf Darius' Tischplatte. “Ist für dich angekommen.” Mit diesen Worten verschwand sie auch wieder. Ich war überrascht, als ich die Anschrift lass. Der Umschlag war tatsächlich an Sadie Harrison bei G Major addressiert. Neugierig riss ich den Umschlag auf. Er kam aus London von Darius. Allerdings enthielt er keine Nachricht von ihm, wie ich erwartet hatte, sondern Negative und drei entwickelte Fotos. Wenn er zu mir Kontakt aufnehmen hätte wollen, hätte er mir genauso gut eine E-Mail schreiben oder anrufen können. Aber das hatte er nicht getan. Denn mein Freund hatte mir alle Negative und diese besagten drei bereits entwickelten Fotos geschickt – es waren die Bilder von der Party, auf der Katie mit Tommy auf Tuchfühlung gegangen war. Die Fotos, von denen er nicht wollte, das sie abgedruckt wurden. Tommy hatte mit allen Mitteln versucht, dies zu verhindern. Ich war zwar enttäuscht, dass Darius keine Nachricht beigelegt hatte, aber er wollte wohl, dass die Fotos und Negativen in sicheren Händen waren. Und in meiner Obhut waren sie garantiert sicher. Vorsichtig betrachtete ich alle Negative. Ich erkannte nur einige Personenumrisse, aber nichts Bestimmtes. Dann nahm ich mir die Fotos zur Hand. Auf dem Ersten war im Hintergrund eine Bar zu sehen. Auf den Hockern saßen extrem gestylte hippe Menschen mit Gläschen in der Hand. Froh lachend stießen sie miteinander an. Im Vordergrund waren Tommy und Katie zu sehen, die eng beieinander standen. Es war nur ein Schnappschuss. Beide prosteten sich mit einem breiten, deutlich angeheiterten Lächeln zu. Katies Frisur war völlig ruiniert. Also hatte Tommy die Wahrheit gesagt. Ja, es war 'ne Party gewesen und er hatte zu viel getrunken. Aber auf diesem Bild sah man doch gar nichts “Gefährliches”. Ich legte diese Foto beiseite und betrachtete das zweite Bild. Der Fotograf hatte auf die beiden Hauptpersonen gezoomt, man sah keinen Hintergrund der Fete mehr. Entweder war Katie gestolpert oder sie tat das mit Absicht: Ihre superschlanken Arme schlangen sich um Tommys Hals und sie schien ihm irgendetwas Amüsantes zuzuflüstern. Jedenfalls sahen sie sehr vertraut aus. Tommy grinste breit. Jedoch war das doch immer noch nichts, was seine Beziehung mit Jude gefährden konnte. Tja, mit dem dritten Foto, das ich nun in den Händen hielt, verstand ich seine Sorge, die ich erst für übertrieben gehalten hatte. Ein Kuss. Ein zwangloser, liebevoller Kuss. Jude würde das mit Sicherheit – um es penibel auszudrücken – nicht mögen: Eine dürre modelnde Castingagenturmitarbeiterin legt die Arme um ihren Freund und steckt ihm die Zunge in den Mund. Und er macht artig mit. Was ich sah, würde meine Schwester mit Sicherheit nicht interessieren: Katies völlig demolierte Mähne und das Glas, das sie in der linken Hand hielt. Allerdings wunderte mich, wo Tommys Hände waren: Eine klebte an dem Hintern des Hobbymodels und die andere an ihrer schlanken Taile. Böser Tommy! Ich war erstaunt. Ja, er hatte sich ja schon einiges geleistet, aber das, was ich in der Hand hielt, war Beweismaterial. Diese Beweise waren dermaßen eindeutig, dass es ziemlich gerecht war, dass dieser verdammte Schwerenöter ins Schwitzen gelangt war. Jude würde diese Fotos nicht nur “nicht mögen”, sie würde diesen Kuss mit Katie Williams sicherlich nicht tolerieren. Das würde Konsequenzen für ihren Produzenten haben. Folgen, die er dieses Mal mehr als “nicht mögen” würde. Ich hatte die Fotos hier in meiner Hand. Und ich war Judes Schwester. War es meine Pflicht, ihr von Tommys Partyseitensprung zu berichten? Immerhin zog er das ab, was er schon öfter gemacht hatte. Aber ich wusste genau, wie sehr Jude diesen Typen liebte. Doch was ich mich immer fragte: Konnte Tommy sie überhaupt genauso lieben wie sie ihn? Eigentlich ging mich diese Beziehung kein Stück was an, aber ich wusste schon seit über einer Woche von Tommys Fremdflirten mit einer anderen. Auch zu diesem Zeitpunkt hatte ich es Jude nicht erzählt. Nein, ich konnte nicht zulassen, dass der Kerl, der mich schon verarscht hatte, das Gleiche mit meiner kleinen Schwester tat. Entweder sollte es Tommy ihr beichten, oder ich würde es tun. Immerhin hatte ich die Fotos und Jude hatte es mehr als verdient, die Wahrheit zu wissen. Mit meinem eigenen Gewissen hatte ich sowieso schon einen Konflikt, aber wie war das noch mal mit “ich will meinen eigenen Weg gehen”? Unabhängig von Jude sein, mich nicht mehr in ihr Leben einmischen? Tommy hatte mich mit reingezogen. Ich gab ihm die komplette Schuld. Er war aber auch ein Dummkopf, Katie in der Öffentlichkeit zu küssen! Also fasste ich einen Entschluss. Ich wollte mich aus der Sache raushalten, aber da ich eh schon davon wusste, sollte Tommy Jude von seinem Kuss mit Katie erzählen oder ich würde es eben tun. Danach könnte ich mich vielleicht endlich mal um meinen gepriesenen Weg kümmern. Mich wurmte es nämlich zunehmend, dass mein eigener Freund nicht nur einfach in London war, sondern sich nicht einmal meldete, wenn er die Gelegenheit dazu hatte wie mit diesem Umschlag. Ich steckte die Negative und die “Beweisfotos” ordentlich zurück in den Umschlag und ließ sie erstmal auf dem Tisch liegen. Wer sollte schon in Darius' Büro vorbei kommen und einen Blick in den Umschlag werfen? Schließlich erhob ich mich und machte mich auf den Weg ins Studio Eins.
Die Klänge eines mir noch unbekannten Songs mit Judes unverkennbarer Stimme drangen aus Studio Eins. Als ich die Tür öffnete, sah ich das selbe Bild wie am Sonntag vor einer Woche: Jude in der Gesangskabine, ihr geliebter Tommy an den Reglern. Beide hoch konzentriert. Als Jude mich sah, schien sie von meiner Anwesenheit regelrecht genervt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Tommy schaute mich eher erstaunt an. “Ist irgendwas Geschäftliches?”, erkundigte er sich. Hatte ich ja fast vergessen: Er kümmerte sich ja während Darius' Abwesenheit um die G Major Geschäfte. Ich schüttelte den Kopf. “Nicht direkt. Es geht um Katie.” Tommys Miene versteinerte sich. “Ich dachte, das wäre geklärt.” Da fiel mir ein, dass ich mir gar nicht überlegt hatte, ob ich ihm von den Fotos erzählen sollte. Nein, vorerst würde ich es nicht tun. Es würde sich nun zeigen, ob er eine ehrliche Haut war. Wenn ich ihn bitten würde, Jude alles zu beichten, dann wäre es ja noch okay. Aber nicht, wenn ich erst mit Fotos Druck machen müsste. Vorerst würde ich also nichts von den Bildern sagen. Jude nahm die Kopfhörer ab und stapfte aus der Kabine. “Du störst. Wir waren gerade mitten in einer Studiosession, wie du bestimmt bemerkt hast”, machte sie mich an. Ich verzog das Gesicht. “Tommy, ich will, dass du –“ Er machte einen Schritt auf mich zu. “Die Unterschrift jetzt gebe?” Er zog die Augenbrauen hoch. Gut, ein letztes Mal würde ich eben mitspielen. “Ja, das ist wichtig.” Jude schaute erst ihren Freund, dann mich an. “Unterschrift?” Ich räusperte mich. “Ja. Kommst du dann?” Tommy nickte. “Klar.” Er sah Jude nicht an, als er mir aus dem Studio folgte. Aus Angst, jemand könnte etwas mitkriegen, gingen wir in Darius' leeres Büro. “Du kannst doch nicht einfach ins Studio kommen und Katie erwähnen.” Tommy schaute mich überaus durcheinander an. “Ach nein?” Ich sprach sofort das Thema an. “Ich will, dass du Jude von dieser Party erzählst und was passiert ist.” Tommy wusste, dass er das nicht tun konnte. “Sadie, ich dachte, das wäre geklärt. Die Fotos hat sie nicht gesehen und wenn ich es ihr erzählen würde, wäre das...” “Schlimm?” Dieses Mal war nicht Jude, sondern ich es, die die Arme verkreutze. “Ja.” Er sah mich hilflos an. “Ich will Jude nicht verletzten.” “Das hättest du dir wohl etwas früher überlegen sollen, Tommy.” Ich fühlte mich wie eine Betrügerin. Immerhin wusste ich auch von der Sache. So sagte ich ihm das auch. Tommy sah aus, als meinte er das, was er nun sagte, ernst. “Das tut mir Leid, Sadie. Aber, wenn ich Jude weh tun würde... das kann ich einfach nicht tun.” Beinahe hatte ich schon wieder Mitleid, aber ich wollte hart bleiben. “Nein! Du sagst es ihr oder ich tue es. Jude soll die Wahrheit erfahren, verstehst du? Ich kann damit nicht leben, dass du schon wieder irgendeinen Blödsinn gemacht hast, du andere mit reinziehst und die betreffende Person nicht mal davon eine Ahnung hat. Immerhin sind Darius und ich jetzt auch da mit drinnen irgendwie.” “Ich versteh dich schon”, versicherte Tommy mir glaubwürdig. Ich strich mir einige Haare zurück. “Das nützt mir auch nichts. Du sagst es ihr, okay? Bitte mach das.” Nach einigen Sekunden willigte er überraschend ein. “Ja, okay. Du hast wohl Recht.” So schnell zeigte er Verständnis? “Meinst du das ernst?” Er zuckte mit den Achseln. “Hab ich eine Wahl?” Nein, hatte er wohl nicht. Ich atmete erleichtert aus. “Glaub mir, Tommy, es ist besser so. Wenn du es Jude nicht sagen würdest, würdest du sie doch ebenso belügen.” Tommy sah mich zerstreut an. “Ich weiß. Ich sag's ihr noch heute. Versprochen.” Ich nickte. “Das ist cool von dir. Natürlich wird es sie verletzten. Aber das ist besser als eine Lüge.” “Ich weiß.” Tommy war sichtlich nervös. Man konnte es ihm nicht verübeln. Ich blinzelte ihn an. “Okay.” Tommy drehte mir den Rücken zu und verschwand aus Darius' Büro. Mein Blick blieb an dem verhängsnisvollen Umschlag hängen.
In der Mittagspause machte ich mich alleine auf zu dem Café, in dem ich vor einigen Tagen mit meiner Mutter verabredet gewesen war. Ich bestellte mir einen Espresso. Mein Tisch befand sich in einer hinteren Ecke der Lokalität. Die Tür ging auf und ich merkte, wie Jude sich suchend umsah. Schließlich erblickte sie mich und steuerte direkt auf mich zu. Ich wurde nervös. Meine Schwester setzte sich mir mit ernsten Gesichtsausdruck gegenüber. “Du weißt was, was ich nicht weiß.” Ich schluckte. Hatte sie erfahren, dass ich von Tommys Ausrutscher wusste? Ich wartete, bis sie weitersprach. “Das Mikrofon im Studio war an. Du hast den Namen Katie erwähnt. Wer ist das?” Ihr Blick bohrte sich in meinen. “Die ... die Unterschrift.” Ich machte eine weitausholende Gäste. “Jude, Katie ist die Geschäftsführerin eines anderes Label, mit dem G Major kooperieren will.” Die Lüge kam mir einfach über die Lippen. “Da Tommy Darius' Vertreter ist, brauchte ich eine Unterschrift. Ich wollte dich damit nicht aufhalten. Es geht um andere Künstler, verstehst du, nicht um dich. Tommy hat dir wohl auch nichts von dem geplanten Deal erzählt?” Zweifelnd schüttelte sie den Kopf. “Du weißt ja: Er ist kein Mann großer Worte.” Ich war erleichtert, als der Kellner mir meine Bestellung brachte. Hastig schlürfte ich aus der heißen Tasse und verbrannte mir fast die Zunge. Als ich meinen Blick wieder auf Jude richtete, lächelte sie mich überraschender Weise an. “Danke. Ich dachte schon, da wäre irgendwas im Busch.” Ich sah sie nichts sagend an. “Ja, da ist ja auch nichts im Busch.” Sie legte den Kopf schief. “Hey, ist aber bei dir alles in Ordnung? Du wirst immer noch so durcheinander, Sadie. Das bist doch nicht du.” Ich lachte auf. “Na ja, ich vermisse Darius eben ... immer noch.” Jude schaute mich ein weiteres Mal ernsthaft an. “Als ihr zusammen gekommen seid, hätte ich nie gedacht, dass er dir ein Mal so viel bedeuten würde. Du hast ihn verändert. Er ist eine vollkommen neue, freundliche Persönlichkeit. Und er scheint echt dein Herz erobert zu haben.” Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Meine Schwester stand auf, kam zu mir herüber und drückte mich. “Du bist echt die Beste!” Mit diesen Worten verschwand sie aus dem Café. Von Schuldgefühlen geplagt sah ich in meine Tasse. Wenn du wüsstest, Jude, dachte ich bei mir.
Es war klar, dass Tommy nun nicht mehr die Wahrheit über Katie Williams erzählen durfte. Immerhin hatte ich Jude aufgetischt, sie sei die Geschäftsführerin irgendeiner erfundenen Plattenfirma. Ich erwischte ihn zum Glück in einem stillen Moment, als er nachdenkend in der Pausenecke saß. Ich kam mir unglaublich klein vor. Mit einigen Metern Sicherheitsabstand hob ich grüßend die Hand. “Hey, Tommy!” Er sah genervt auf. “Was ist denn schon wieder?” In knappen Sätzen berichtete ich ihm von meiner neuen Lügensgeschichte. Sein Gesichtsausdruck verriet alles. Er sah aus, als hätte ihn ein Bus überfahren. “Du hast mich dazu gebracht, ihr die Wahrheit zu erzählen, endlich reinen Tisch zu machen.” Er war außer sich. “Was soll der Scheiß? Sadie, ich wäre ehrlich zu ihr gewesen und du erzählst ihr irgendwas von fremden Plattenfirmen und Geschäftsführer. Ich ...” Tommy sah mich etwas hilflos an. “Ich weiß doch auch nicht.” Langsam begann ich zu begreifen, was er gesagt hatte. Unverständlich versuchte ich ihm, in die Augen zu sehen. “Warte mal. Hast du gesagt, ich hätte dich dazu gebracht?” Er richtete seinen Blick auf. “Na ja, in etwa. Natürlich hätte ich ihr auch so die Wahrheit beigebracht.” “Aber jetzt kannst du es ihr nicht sagen, ohne, dass irgendwelche Verdächtigungen angestellt werden.” Ich senkte den Blick. “Mann, es tut mir Leid.” Tommy zuckte gleichgültig die Achseln. “Hätte ich nicht sowas gemacht, wäre es nie zu dem allen gekommen.” “Du machst sowas ja auch immer”, kam es mir über die Lippen. Nur eine Sekunde später fügte ich übereilig hinzu: “Tommy, so war das nicht gemeint.” Der Produzent blickte mich vielsagend an. “Ich weiß, Sadie. Aber Jude ist was Besonderes. Uns verbindet mehr als nur die Musik. Ich arbeite gern mit ihr, ich bin gern mit ihr zusammen. Ich wollte das nicht kaputt machen.” Mein Kopf explodierte beinahe. Oh, wie wunderbar, wie schön! Jude hier, Jude da. Jude, Jude, Jude! Wie war das noch gleich gewesen? Ich wollte mich von ihr “losreißen”? Hatte ich das vorgehabt? Ja, verdammt! Aber nichts hinderte alle Menschen in meinem Umfeld daren, ununterbrochen von ihr zu reden. Okay, Tommy war ihr Freund, aber trotzdem. “Dafür kann ich doch nichts. Du bist doch zu mir gekommen und hast dich ausgeheult, mir erzählt, was mit Katie war.” Ich verkreuzte hilflos die Arme. Tommy sah mich fassungslos an. “Und du hast mich beleidigt.” Da huschte ein Grinsen über unsere Gesichter und wir mussten lachen. Diese Situation war zu dämlich. “Ich geh dann mals ins Lager”, ergriff ich schließlich herzrasend das Wort. “Wer weiß, vielleicht greif ich ja noch irgendwelche N*Sync oder Boyz Attack CDs ab.” Tommy lächelte nachhaltend. “Okay.”
Seit zwei Stunden suchte ich in dem unaufgeräumten G Major Lager nach diesem bescheuerten Demo von irgendeiner Indieband, die man ja “so dringend” brauchte. Um mich herum stapelten sich bereits die CDs. Plötzlich flog die Tür auf. Jude. Ich drehte mich um. Ihre Augen waren verquollen. Sie hatte geweint. Meine Schwester blieb in der Tür stehen. “Du hast es gewusst?” Ihre Stimme zitterte. Ich fuhr zusammen. Hatte Tommy es ihr etwa gesagt? “Was?” Jude wischte sich mit dem Ärmel eine Träne aus dem Gesicht. “Katie, eine Chefin von irgend einem Label, ja? Du bist meine Schwester, Sadie! Und du bist falsch.” Mit diesen Worten drehte sie sich abrupt um. Die Tür blieb offen. Mit verzweifelten Schritten eilte ich in Studio Eins. Mit ausdrucksloser Miene hockte Tommy auf seinem Stuhl, ein Fuß auf das Pult gestützt. Er sah nicht auf, als ich herein kam. “Du hast es ihr gesagt?” Ich klang aufgebracht. Er sah mich beinahe anklagend an. “Ja, verdammt. Was hätte ich denn tun sollen? Ich hab dich mit reingezogen, obwohl es mein Fehler war.” “Okay.” Ich traute mich etwas zu fragen, was ich schon länger hatte erfahren wollen. “Sag mal, warum hattest du das eigentlich Kwest erzählt?” Tommy schaute mich etwas iritierrt an. “Er ist mein bester Kumpel.” “Schon, aber ...” Ich sah ihn an. Wie konnte er nur so lügen? Jeden anlügen, den er vermeintlich lieben sollte? Mit ernüchternder Miene wandte er den Blick ab.“Jetzt wissen es nicht nur Kwest, du, Darius, Katie und ich, sondern auch -” “Ja, Jude”, unterbrach ich ihn und nickte schlaff. “Ja.” Er sah so verdammt traurig aus. “Sie wird dir bestimmt nach einiger Zeit verzeihen können”, startete ich einen Aufheiterungsversuch. Er wusste, dass ich nur versuchte, ihn fröhlicher zu stimmen. “Ich mach immer alles kaputt. Bei Portia, bei dir und jetzt bei Jude.” Eine Erkenntnis, die alle wohl schon länger wussten. Mittags hatte er mir noch gesagt, wie besonders sie, Jude, doch war. Ich schüttelte den Kopf. “Aber du hast doch selbst gesagt, dass ihr beide was Besonderes seid.” Tommys Blick wurde noch trüber. “Ich hab's ihr gesagt und auch erklärt und sie hat einfach nur zugehört. Dann hat sie gesagt, dass das alle vorher gesehen haben und sie blind war. Und ... dass es vorbei ist, weil ich ...” Er schaute mich niederschmetternd an. “Ein 'notorischer Fremdgeher bin, der allen Frauen vorgibt, sie zu lieben und sie dann doch in den Arsch tritt'.” Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. Jude hatte also mit ihm Schluss gemacht. “Na ja, immerhin ist sie nicht ganz ausgerastet.” Zugegeben war das keine hilfreiche Aussage. “Ich bin auch nicht ohne. Aber jeder hat doch seine Fehler.” In Tommys Gesicht spiegelten sich Trauer und Ratlosigkeit wieder. “Wir haben so lange gebraucht, um zu zusammen zu kommen und jetzt ...” “Ist es aus”, beendete ich tonlos den Satz. Es nahm ihn extrem mit. Natürlich ... erst jetzt fiel mir auf, dass ich Tommy noch nie so glücklich gesehen hatte wie in der Zeit, die er mit Jude zusammen war – und die jetzt zu Ende war. Aber mit Sicherheit nicht endgültig. Da war ich mir sicher. Die beiden zogen sich an wie Magneten. Aber für meine Schwester war das, was Tommy begangen hatte, ein Vertrauensbuch aller höchster Güte. Meine Schwester ... Schuldgefühle spülten sich in mir hoch. Warum war ich denn ausgerechnet jetzt bei ihrem Ex? Und nicht bei ihr? Wie ein Echo dröhnten ihre Worte in meinem Kopf wieder ... “Du bist meine Schwester, Sadie! Und du bist falsch.” Tommy hob den Kopf. “Sadie, könntest du nicht ...?” “Nein”, entgegnete ich entschieden und nahm die Hand von seiner Schulter. “Ich kann da auch nichts mehr machen, Tommy, so leid es mir auch tut.” Mein Mitgefühl galt eher meiner Schwester, da wir nun praktisch mit dem gleichen Typen ähnliche Situationen erlebt hatten. Andererseits war sie von mir mehr als enttäuscht, da ich es gewusst hatte. “Sie ist verdammt sauer auf mich. Ich kann es ihr nicht einmal übel nehmen.” “Ja, ich weiß.” Er setzte sich aufrecht hin.”Warum bist du eigentlich für mich da, Sadie? Solltest du nicht eher bei deiner Schwester sein?” Tolle Frage. Ich wusste die Antwort doch selbst nicht! “Ich ... na ja, Jude ist doch ebenso wütend auf mich. Ich bin wohl kein notorischer Fremdgänger, sondern jemand, der solche Leute unterstützt.” Tommy schaute mich noch entrüsteter an. “Danke.” Ich blickte ihn eindringlich an. “So war das nicht gemeint. Du bereust es doch wirklich, aber alles, was Jude jetzt braucht, ist Zeit. Sie ist auch sauer auf mich und ich finde das echt blöd. Aber wir können erst mal nichts tun.” Sein Gesicht hellte sich etwas auf. “Ja, scheint wohl so.” Aufmunternd lächelte ich. “Ja.” Mit dem Blick, mit dem er mich ansah, vergaß ich alles. Judes Schmerz und auch Darius, meinen Freund. Den restlichen Tag verbrachte ich mit schrecklichem schlechten Gewissen weiterhin in Lager. Ich sortierte Platten um, ein und aus, ohne es wirklich mitzubekommen. Ich war zu durcheinander. Warum steuerte ich Tommy aufmunternde Worte bei? Wieso hatte ich Jude nicht gleich von Tommys Betrug erzählt, als er mich davon in Erkenntnis gesetzt hatte? Es war bereits dämmrig, als ich mich aus dem Gebäude traute. Nach Hause traute. Vermutlich würde Jude mich wie immer ignorieren, wenn ich etwas getan hatte, was ihr nicht gefiel. Nur war das heute leider anders. Ich hatte ihrem Freund dabei geholfen, seinen Ausrutscher zu vertuschen. So musste es zumindest aus ihrer Sicht aussehen. Als ich die Tür zum Haus öffnete, befürchtete ich, dass mein Magen bereits in die Kniekehlen gerutscht sein musste. Das Licht brennte nicht. Es war still. Langsam tastete ich nach dem Lichtschalter. “Jude? Dad?” Ich blieb verkorkst auf der Türschwelle stehen. Ich wollte Jude alles erklären. Ihr sagen, dass ich damit doch gar nichts zu tun hatte. Eine Unheil bringende Stimme in meinem Kopf behauptete allerdings genau das Gegenteil. Ich schmiss meine Tasche in das immer noch dunkle Haus und dann schlug ich die Tür zu. Ich trat zurück in die dunkle Abendluft. Es gab nur noch einen Ort, an dem Jude sein konnte. Wenn sie sonst mit jemandem reden musste, war sie in letzter Zeit natürlich zu Tommy gegangen. Sonst zu mir, zu Mom oder Dad. Letzteres war am Naheliegensten. Seitdem Mom nämlich mit unserem zunehmend immer schleimigeren Stiefvater gezogen war, hatte sich Dad wieder in unserem Elternhaus einquartiert. Ich war mir ziemlich sicher, dass Jude mit ihren Sorgen erst mal nicht mehr zu mir kommen würde. Eine Adresse gab es da natürlich noch. Und die lag direkt vor mir.
Ich fühlte mich wie ein Schulmädchen, das Kekse verkaufte, als ich gegen James Andrews' Türklingel drückte. Jamie war seit Urzeiten Judes bester Freund. Er hatte Ahnung von Musik, trotzdem kam er mir ab und zu etwas merkwürdig vor. Mit einem Rumps öffnete sich die Tür und ein müder Jamie knirschte fragend meinen Namen. Seitdem er als Talentscout von G Major angeheuert worden war, bekam er kaum noch Schlaf. Um genau zu sein, war dies seit drei Wochen der Fall. Er hatte vier “Projekte”, wie er es bezeichnete, am Laufen. Deshalb hatte ich ihn auch seit fast einem Monat nicht mehr bei G Major gesehen. Ich lächelte verlegen. “Hi, Jamie.” Er lehnte sich mit einem Arm gegen die Tür. “Was willst du denn um die Zeit hier? Ist was mit Jude?” Klar, dass er das fragte. Jude. Mein Lieblingsthema. Auf diese Frage ging ich nicht ein, dafür auf die andere. “Jamie, es ist doch erst kurz vor neun.” “Jaah, und ich muss morgen früh raus, stell dir vor.” Er kam sich unglaublich wichtig vor. Okay, das war er ja gewisser Maßen auch. Ich spähte in den Flur. “Also ist Jude nicht hier?” “Nee.” Mies gelaunt, wie er war, starrte er mich mondän an. “Kann ich jetzt bitte weiter pennen?” “Klar, bis ...” Ich war noch beim Sprechen, als er mir die Tür vor der Nase zuschlug. Das war ja toll gelaufen. Ratlos stand ich nun da. Die Stille wurde von einem nervtötenden Piepen durchstoßen, das aus meiner Hosentasche kam. Ich schaute nicht aufs Display, sondern schnautze gleich in den Hörer: “Ich bin nicht da.” “Und warum gehst du dann ran?” Mein Anrufer war gut gelaunt. Zu einem ungünstigeren Zeitpunkt hätte Darius nicht anrufen können. Ich wollte einfach nur Jude sehen, mehr nicht. “Ich hab schon oft versucht, dich zu erreichen, weißt du das?”, erwiderte ich scharf. “Ja, ich hab die Nachrichten gehört. Tut mir auch Leid, aber ich hab viel zu tun.” “Wunderbar. Dann bleib einfach bei deiner Arbeit und flieg das nächste Mal gleich auf einen anderen Kontinent. Hoffentlich ist dann die Verbindung so schlecht, dass du mich überhaupt nicht mehr anrufen kannst.” Ich legte auf. Meine Wut hatte ich an dem Falschen ausgelassen.
Jack: "Ich hab einen Kompass, der nicht nach Norden zeigt." James: "Was in diesem Fall kaputt heißt." Jack: "Er ist nicht kaputt. Er ist eben... anders."
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Alex
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05.03.2007 20:36
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ich habs noch nich als kapitel geordnet , is aber noch nich alles
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Alex
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05.03.2007 20:47
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Sandy: >> ich liebe dich! << Seth: >> ich kann einem mann nicht sagen das ich ihn liebe, aber ich empfinde viel für dich! <<
Sandy: >> seit dem tag an dem du geboren wurdest wusste ich das ich keinen ruhigen atemzug mehr tun werde, wenn ich nicht weis das du in sicherheit bist! << Seth: >> bin ich so was wie asthma? <<
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~ich bin TALKIN STALKER~
When pop stars still remained a myth And ignorance could still be bliss And when God Save the Queen she turned a whiter shade of pale When my mom and dad were in their teens and anarchy was still a dream and the only way to stay in touch was a letter in the mail
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Ale
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05.03.2007 22:34
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Tolle Geschichte!! Hast du ZU VIEL FREIZEIT? Wie kannst du nur so viel aufs mal schreiben?![](http://img.homepagemodules.de/grin.gif)
Schreib bitte weiter!
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thx, aber ich hab ja nich alles auf einmal geschrieben...![](http://img.homepagemodules.de/grin.gif)
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Sweety
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06.03.2007 15:36
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Also ich finds gut, das du soviel auf einmal geschrieben hast!!! So hat man viel zum lesen!!! lol Hoffe du schreibst bald weiter.![](http://img.homepagemodules.de/grin.gif)
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Man sieht jeden Tag 300 Typen. 250 davon kann man so gut wie vergessen von den anderen 50 sind 40 Machos. Von 10 sind 8 vergeben. Von 2 ist einer Schwul und der Letzte verarscht dich!!!
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Anne
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IS FREAK
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06.03.2007 19:56
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http://spielwelt9.monstersgame.net/?ac=vid&vid=6005430
Im Leben eines jeden Menschen gibt es Wendepunkte, sie prägen ihn für seine weitere Entwicklung. Manchmal kommt es vor das man sie kaum bemerkt und manchmal sind sie nicht zu übersehen. Es ist doch immer so, selbst wenn man sie kommen sieht, ist man vor Überraschungen nicht gefeilt. Wir alle wollen, dass unser Leben so bleibt wie es ist. Doch es ändert sich. Sind wir also Hilflos, nur Marionetten?
Nein.
Es gibt immer wieder Wendepunkte, so ist das Leben. Es kommt darauf an, was man daraus macht. In diesen Momenten erkennt man wer man ist.
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danke... ja ich weiß n bisschen viel xD
Jack: "Ich hab einen Kompass, der nicht nach Norden zeigt." James: "Was in diesem Fall kaputt heißt." Jack: "Er ist nicht kaputt. Er ist eben... anders."
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Ale
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Neuling
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07.03.2007 19:41
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wann schreibst du weiter?
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